Samstag,25.Januar 2025
Anzeige

Frankreichs Staatsverschuldung: Hochriskant

Ein Vertrauensverlust seitens der ausländischen Investoren könnte schnell dazu führen, dass sich der Staat nicht mehr finanzieren kann. Es droht der Zusammenbruch des Finanzsystems.

Von Philippe Herlin

Höheres Risiko durch Schulden

Frankreich, Italien, Japan und die USA: Diese Länder weisen hohe Haushaltsdefizite in vergleichbarer Größenordnung auf, die zudem von einer erheblichen Staatsverschuldung von über 100 % des BIP begleitet werden. Bezieht man jedoch weitere makroökonomische und finanzielle Daten ein, wird klar, dass die Risiken sehr unterschiedlich ausgeprägt sind – und zwar zum Nachteil Frankreichs. Dies geht aus einem aktuellen Bericht von Patrick Artus hervor, der alle Kapitalflüsse dieser Staaten berücksichtigt.

Stabilität durch Inlandsinvestoren

Werfen wir einen Blick auf die Leistungsbilanz, in der die Handelsbilanz (Austausch von Waren und Dienstleistungen mit dem Ausland) und die Einkommensbilanz (aus Investitionen im Ausland oder von Ausländern, die im Land investiert haben, sowie aus dem Ausland erhaltene Löhne und Gehälter) zusammengefasst werden.

Frankreich und die USA schreiben hier rote Zahlen, aber Japan und Italien weisen einen strukturellen Überschuss auf, sodass sie ihre Defizite relativ leicht finanzieren können. Das zeigt sich auch daran, dass ihre staatlichen Schuldverschreibungen hauptsächlich im Inland gehalten werden (in Japan zu über 90 %, in Italien zu 80 %). Da der äußere Zwang schwach ist, hätte ein gesteigertes Misstrauen seitens ausländischer Investoren nur geringe Auswirkungen.

Leistungsbilanz
Leistungsbilanz (in % des BIP) (USA, Frankreich, Italien, Japan)

USA: Kapitalmagnet dank Dollar

Die USA profitieren ihrerseits von umfangreichen langfristigen Kapitalzuflüssen. Grund dafür ist die wirtschaftliche Attraktivität des Landes, sei es im Bereich der Technologie, der Kapitalverwaltung (Finanzmärkte, Hedgefonds), der industriellen Erneuerung (billige Energie, IRA-Programm) oder aufgrund der Sicherheit, die die größte Weltmacht noch immer bietet.

Die Finanzierung der enormen Staatsverschuldung (36 Billionen US-Dollar) ist daher ebenfalls relativ einfach (23 % der Schuldtitel werden von nicht in den USA ansässigen Investoren gehalten). Nicht zu vergessen ist dabei auch die Rolle des Dollars als unumgängliche Transaktions- und Reservewährung, die die restlichen Länder der Welt zwingt, Dollarreserven zu halten.

Leistungsbilanz, USA
USA: Leistungsbilanz, ausländische Direkt- und Portfolioinvestitionen (in % des BIP)

Frankreich: Doppelte Defizite und Kapitalflucht

Frankreich hingegen kann sein alljährliches Haushaltsdefizit nicht durch eine positive Leistungsbilanz ausgleichen und leidet sogar – der Bericht erwähnt es nicht, aber wir haben in unserem letzten Artikel darauf hingewiesen – unter einer besorgniserregenden Kapitalflucht.

Frankreich sammelt also Minuspunkte. Das zeigt sich auch daran, dass der Anteil der französischen Staatsschulden in den Händen ausländischer Investoren 54 % beträgt und damit deutlich über den anderen genannten Ländern liegt.

Wie Patrick Artus schreibt: „Der gefährlichste Fall: Staaten, die ein Haushalts- und ein Leistungsbilanzdefizit, aber keine langfristigen Kapitalzuflüsse haben“.

Staatshaushalt, Staatsverschuldung
(- : Defizit ; + : Überschuss ; 0 : Gleichgewicht)

Ignorierte Finanzrisiken

Damit wollen wir wohlgemerkt nicht sagen, dass ein hohes Haushaltsdefizit nicht schlimm ist. Doch die Belastung, die es für ein Land darstellt, hängt von der Gesamtheit aller Kapitalströme dieses Landes ab. Und für Frankreich erweist sich die Situation als besonders gefährlich: Ein Vertrauensverlust seitens der ausländischen Investoren könnte schnell dazu führen, dass sich der Staat nicht mehr finanzieren kann, was wiederum den Zusammenbruch des Finanzsystems nach sich ziehen würde, gefolgt von einer Sperrung von Bankkonten und Lebensversicherungen (BRRD-Richtlinie und Sapin-2-Gesetz, siehe unseren letzten Artikel).

Wenn man die Ziele des Haushalts 2025, die Inkohärenz der Debatten, die Unfähigkeit, Ausgabensenkungen zu beschließen, und den Wettbewerb zur Erfindung neuer Steuern beobachtet, kommt man zu dem Schluss, dass dieses Damoklesschwert von den politischen Entscheidungsträgern schlicht und ergreifend ignoriert wird.

Mögen die Sparer nicht ebenfalls blind sein …

Quelle: GoldBroker.com

Philippe Herlin ist ein Finanzanalyst und Doktor für Wirtschaftswissenschaften beim Conservatoire National des Arts et Métiers in Paris. Als Befürworter von Risikotheorien, wie sie von Vordenkern wie Benoît Mandelbrot und Nassim Taleb entwickelt wurden, und als Verfechter der Österreichischen Wirtschaftsschule wird er seine Ansichten zur aktuellen Krise, zur Eurozone, zur Staatsverschuldung und zum Bankensystem einbringen. Nachdem er bereits ein Buch zum Thema Gold geschrieben hat, welches heute ein Standardwerk der Branche ist („L’or, un placement d’avenir“, Eyrolles 2012), hofft er, dass das Edelmetall in unserer Wirtschaft künftig wieder eine bedeutendere Rolle einnehmen wird, bis hin zur vollständigen Monetarisierung.

Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen im Rahmen von Gastbeiträgen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung von Goldreporter dar.

Anzeige

Goldreporter-Ratgeber

Genial einfach, sicher und günstig: Gold vergraben, aber richtig!

Was tun bei Goldverbot oder Goldengpass? Notfallplan für Goldanleger

Abonnieren Sie den kostenlosen Goldreporter-Newsletter und erhalten Sie den Spezial-Report "Vermögenssicherung mit Gold" (PDF) kostenlos! Weitere Informationen?

11 Kommentare

  1. Eine klitzekleine Kleinigkeit übersieht Herr Herlin in seinem sonst guten Artikel:
    Es gibt eine ganz einfache Lösung des Problems:
    1.) Der französische Staat gibt jede Menge neue Staatsanleihen heraus.
    2.) Kein vernünftiger Mensch auf der Welt ist bereit die zu kaufen, logisch.
    ABER. überhaupt kein Problem, weil:
    3.) Eine französische Großbank kauft den Müll und
    4.) Verkauft den Müll zwei Minuten später an die EZB weiter, die noch jeden Müll (ohne sich den Inhalt anzusehen) gekauft hat.
    Problem gelöst.

    Warum das klappt ?
    1.) So läuft es doch überall auf der Welt. Im Artikel steht, daß nur 30 % der US-Treasuries internationalen Kunden gehören, also liegt schon ein riesen Haufen Müll bei der FED.
    Die BOJ kauft sogar Aktien, um die Märkte zu pushen.
    2.) Christinchen von der EZB ist eine in Frankreich verurteilte Straftäterin. Sie läuft nur noch frei herum, weil der Haftantritt rein formal noch aufgeschoben ist. Das ist natürlich gar keine Erpressung.
    Würde gerne sehen, was passiert, wenn die den Ankauf von franz. Staatsanleihen ablehnt.

    Fazit: nur weder ein Schritt mehr bei der Insolvenzverschleppung.
    Für den Goldpreis langfristig gut.

    • @ Meister Eder So wird das laufen ganz sicher.Bei einem Staatsbankrott müsste man sich ja ein Versagen eingestehen,niemals werden unsere selbsternannten Eliten das tun.Es wird ein Rettungsschirm über 3 Bill. bei der EZB eingerichtet werden und die Pressen laufen auch am Wochenende,so geht modernes Finanzmanagement.

    • @all
      Ich frage mich, wann uns das Finanzsystem um die Ohren fliegt. Kann doch nicht ewig so weitergehen, oder?

      Wenn Musk und Trump nun ihre Bitcoin verkaufen, die sie sicher günstig gekauft haben, bevor sie die gepusht haben, wird der Preis auch wieder zurückkommen….

      Vor ca. 1,5 Jahren habe ich überlegt auf eine negative Daxentwicklung zu spekulieren. Ok, wirtschaftlich geht es wie erwartet solide abwärts, aber die Aktien steigen auf Rekordhöhen. (MDAX und SDAX halten ihr Niveau in etwa.) Warum?
      – Zum Glück hab ich mich dann doch für ein physisches Goldinvestment entschieden.-

      @all
      Was denkt Ihr so, wie lange sich $ und € noch halten?

      Schönes Wochenende

      • @Rookie
        Die Frage ist nicht, wie lange es noch bunte Zettelchen mit dem € oder Dollar drauf geben wird, sondern wie viele Nullen der Schein haben muß, um sich ein Stück Brot damit zu kaufen.
        Zwei Beispiele:
        Das britische Pfund war mal ein halbes Kilo Silber. Heute sind es 1,21 Euro.
        Man braucht also 413 Pfund (Papierbilder), um sich ein Pfund Silber kaufen zu können.
        Netter Grundkurs ich Sachen Währungsverfall.

        Vor 100 Jahren konnte man bei Henry Ford für 400 USD ein Auto kaufen.
        Das klappt heute nur noch im Spielzeugladen bei Matchbox-Modellen.

        Der Euro hat seit seiner Einführung gut 90 % gegenüber Gold verloren.
        Sind wir Optimisten: der Rest schafft er auch noch !
        Wir haben mächtige Verbündete: alle Politiker und Notenbanken des „Werte-Westens“.
        Das kann gar nicht schief gehen.
        Als Zyniker müßte man jetzt Merzkel wählen, damit es schneller geht.

      • @ Rookie In diesem Zeiten darauf zu setzten dass sich okonomische und finanzielle Vernunft durchsetzt ist wirklich eine grundfalsche Annahme ,die einem teuer zu stehen kommen kann.Der DAX beweist das jeden Tag, Illusiomnen ,Papergeldblasen und scheinbar auch Absprachen bestimmen das Geschehenund das unendliche Wachstum.

  2. Sollte es eng werden wird die EZB Anleihen ausgeben so viel Frankreich eben braucht. Im schlimmsten Fall ist die Bilanzsumme halt nochmals um eine Billion erweitert.
    Mit Griechenland hat das auch funktioniert, was hat man damals für Panik geschoben und heute redet kein Mensch mehr davon.
    Schon vor über 15 Jahren hielt man den Euro für beendet und jetzt?
    Irgendwann vielleicht schon, doch das dauert noch.
    Staatszusammenbruch, Eurokollaps? Wer glaubt noch daran…..

    • @Fritzthecat Zu Staatszusammenbruch und Eurokollaps gibt es eine wirksame Alternative : Galppierende Inflation,daran glaube ich schon.Allein weil der Staat dann überall richtig abkassieren kann Grundsteuer,Erbschaftssteuer,Quellensteuer,Kapitalertragssteuer,Co2 Steuer,bald noch Atem- und Pupssteuer….

    • @Fritzthecat
      Solches kommt garantiert immer dann, wenn es keiner für möglich hält und man weit und breit solches nicht sah.
      Alle Katastrophen geschehen so, denn sonst wären es ja auch keine Katastrophen.
      Wer von denen allen dachte bei strahlendem Sonnenschein in Thailand an den Tsunami ?
      Obwohl die Vorboten Stunden vorher klar und deutlich sichtbar waren.
      Einige Wenige, darunter ein 11 Jähriges Mädchen, erkannte es und warnte seine Eltern, welche ihr natürlich nicht glaubten und es als kindliche Spinnerei abtaten.
      Weit und breit doch keine Welle zu sehen, nur ruhiges, warmes Wasser.
      Das Mädchen überlebte, die Eltern aber ertranken.

  3. Die Verschuldung spielt überhaupt keine Rolle, das ist nur was für Akten im Archiv.
    Die Leute haben derartig viel Geld, dass es regelrecht aus dem Fenster geschmissen wird, als Folge von Anlagenotstand.

    • Alles richtig! Es gibt aber ein entscheidendes Problem. Wer wird für die Papierfetzen seine Rohstoffe hergeben? Wer wird für den Schrott arbeiten? Ich jedenfalls nicht mehr

    • @Maruti
      Anlagenotstand ?
      Wer einen Spaten hat (oder eine Tauchausrüstung, je nach Hobby), hat überhaupt kein Anlageproblem.
      Unter den Alpen oder im Mittelmeer ist mehr Platz für Krügerchens, als es je geben wird.

      Ich habe sehr viel mehr Versteckideen als ich jemals Geld und Gold haben werde.
      Hätte ich letztens die 120 Mio. im Euro-Jackpot gewonnen (was schon nicht geht, weil ich nicht spiele) , hätte ich eben 6 Monate Bodybuilding gemacht, bis die 1500 kg-Barren sachgerecht irgendwo verstaut sind. Vom Volumen nicht mehr als 5 Schuhkartons.
      Und bei dem Betrag gibt es viele qualifizierte Helfer von GVS und Greyerz bis Krall, die die Last sicher außerhalb der EU verstauen.

      Zu Ihrem Bild mit dem „Geld aus dem Fenster“ ein positiver Gedanke: keine Sorge, unter dem Fenster steht immer ein Banker etc. und sammelt die Kohle ein.
      Motto: Lieber Anleger, ihr Geld ist nicht weg, es ist jetzt nur bei mir.

      Filmtipp: (nette Komödie) als Ablenkung vom Alltagsirrsinn:
      https://www.zdf.de/ard/filme-in-der-ard/page-video-ard-eine-hochzeit-platzt-selten-allein-110.html

      Nicht vom Titel täuschen lassen, es geht um die Sicherheit von Bankeinlagen.
      Nur kurz als Teaser:
      Der Sohn vom Großbrauer soll die Tochter des Bankdirektors der Kleinstadt heiraten. Als es Ärger gibt, kommt der Brauereibesitzer in die Bank und fordert lautstark sein Geld zurück.
      Bankdirektor (vor Kunden): du kriegst gar nix, in dem Moment, wo du dein Geld bei mir einzahlst, gehört es mir und nicht mehr dir.
      Wir wissen ja, daß das so ist.
      Ein 15 -jähriges Mädel filmt den Streit mit dem Handy und stellt das Video online.
      Recht schnell einige Millionen Clics, klassischer Bankrun, Notsitzungen in Frankfurt……
      Amüsabel…

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie Ihren Namen ein

Anzeige

Letzte Beiträge

 

Unsere Spezialreports und Ratgeber sind erhältlich im Goldreporter-Shop!

Anzeige