Freitag,29.März 2024
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Goldpreis: Verwerfungen am Terminmarkt halten an

Nach wie vor gibt es erhebliche Goldpreis-Differenzen zwischen den Kursen auf dem Spot- und Terminmarkt. Und im amerikanischen Futures-Handel zogen sich erneut viele Goldhändler aus dem Markt zurück.

Gold, Goldpreis, Goldmarkt, Goldmünzen (Foto: Goldreporter)
Trend auf dem Goldmarkt: Raus aus Derivaten, rein in Goldbarren und Goldmünzen – sofern man noch physisches Metall bekommt! Am Terminmarkt steht der Goldpreis höher als auf dem Spotmarkt – ein Durchhalteaufschlag? (Foto: Goldreporter).

Goldpreis und Goldnachfrage

Gold ist gefragt wie nie. Der Goldpreis bleibt auf hohem Niveau. In diesen außergewöhnlichen Zeiten (weltweite Corona-Krise) steht die Suche nach Sicherheit und Stabilität ganz vorn auf der Prioritätenliste bei vielen Geldanlegern. Das gilt auch für Terminmarkthändler. Wenn es noch eines Beweises über den drastischen Einbruch der US-Wirtschaft bedurfte, so war es der explosive Anstieg der Arbeitslosenzahlen in den USA (Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe: Unglaubliche Dimension!)

Trends auf dem Goldmarkt

Dies machte sich in der zweiten Wochenhälfte auch in einem steigenden Goldpreis bemerkbar. Und es setzte sich auch ein Trend am US-Terminmarkt fort. Gold in physischer Form zu halten, ist das Gebot der Stunde. Und vor diesem Hintergrund interpretieren wir auch die neuen CoT-Daten und die darin gezeigten Veränderungen der Positionen im amerikanischen Gold-Futures-Handel. Denn erneut verabschiedeten sich viele Trader aus diesen Gold-Derivaten.

Cot-Daten

Per 31. März 2020 verringerte sich die Netto-Short-Position der „Commercials“ um knapp 9 Prozent auf 283.959 Kontrakte. Das ist der niedrigste Wert seit dem 16. Juli 2019. Innerhalb dieser Gruppe reduzierten vor allem die eigentlichen Goldverwender („Prod/Merch/Proc/User“) ihre Vorwärtsverkäufe (-16 Prozent). Auf der Gegenseite sank die Netto-Long-Position der „Großen Spekulanten“ um 10 Prozent auf 258.849 Kontrakte. Hier gab es bei „Managed Money“ die Tendenz, Short-Positionen aufzubauen. Die reinen Short-Positionen dieser Spekulanten (Hedgefonds, Investmentgesellschaften) stiegen gegenüber Vorwoche von 1.556 auf 4.222 Kontrakte (+270 %). Die absoluten Long-Positionen blieben mit 156.820 Kontrakte relativ stabil (-1 %).

Open Interest

Der Open Interest, also die Summe aller offenen Gold-Kontrakte an der COMEX, gingen im Vergleich zur Vorwoche noch einmal um 9,44 Prozent zurück auf 495.652 Kontrakte. Bis zum Handelsschluss am Freitag ging es um weitere 2 Prozent runter auf 484.056 Kontrakte.

Goldpreis-Kluft

Und nach wie vor differieren die Kurse am US-Terminmarkt und im Spothandel erheblich. Im US-Futures-Handel kam der Goldpreis vergangene Woche um 0,5 Prozent zurück auf 1.645 US-Dollar pro Unze (meistgehandelter Kontrakt; Juni). Im FOREX-Handel (Spotkurs) ergab sich bei gleicher prozentualer Entwicklung ein Wochenschlusskurs von 1.618 US-Dollar. Man muss Terminhändlern offensichtlich mehr Geld bieten, damit sie in ihren Derivate-Positionen bleiben.

Goldreporter

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37 Kommentare

  1. Die Preise an der Comex sind nur noch „Malen nach Zahlen“. Bin mal gespannt, wann die das aufgeben. Ob der nächste Verfallstermin zum Zusammenbruch führt?

    Vieles deutet darauf hin, wie zum Beispiel die Preise für phy. Material bei lokalen Händlern.

    • @Stillhalter

      Würde man – wie in vielen Krimis der letzten Wochen häufig zu sehen war – alle Nachrichten, Schlagzeilen (Schweiz schließt Raffinerien, Südafrika/Mexiko alle Minen, …) Indizien und Beweise (Goldpreis-Unterschiede LBMA und Comex, Frühlings-Ausverkauf bei Goldhändlern usw.) als „Notizzettel“ an eine Wand kleben,
      dann ergibt – rückblickend – die so heftige und plötzlich vom Bundesrat beschlossene Einschränkung des „anonymen“ Kaufes von Edelmetallen zum Jahresanfang …
      einen sehr tiefgreifenden Sinn!

      • Die Dame vom Verbraucherschutz am Ende des Videos empfiehlt auch Papier Gold.
        Für so eine Auskunft sollte die Dame angezeigt werden.

    • Omg!!
      Erinnert mich a die Spackos, die einem seit jeher empfohlen haben, maximal 5% der Ersparnisse in Gold umzuwandeln.
      Mehr sei viel zu gefährlich.
      Fazit, am Ende aller Tage wäre 95% der Ersparnisse in Luft aufgelöst, wenn man sich an diese Leute hält….

    • @Translator

      Am lustigsten war die Tante vom Verbraucherschutz. Mir graut vor Leuten die mich beschützen wollen. Das ging mir schon in frühester Jugend auf die Nerven. Bevor ich an einem nicht mehr allzu fernem Tage, einem Altenheiim mein Geld zugeteilt bekomme, fang ich wieder an zu rauchen,geh noch mal in Freudenhaus und saufe mich anschließend zu Tode.

      • @Kroesus Die Verbraucherschutztante hat schon recht sie quatscht halt von je her nur dummes Zeug…..

    • @WS Das Luegen-Blasensystem ist die Grundlage der Existenz dieser Lohnschmierer- und Quatscher entsprechend verhalten sie sich.

  2. @ Wolfgang Schneider
    Naja was sollen die auch sagen. Das große Zähneklappern,gerade von diesen Journalisten die solche Lügen verbreiten wird mich für vieles entschädigen.ein Tauber wird eben auch nicht hören wenn eine Bombe neben ihm explodiert und ein Blinder nicht sehen,das ein Zug auf ihn zu rast.

    • Wenn alle das wüssten was wir wissen, dann wäre die Unze Gold bei bestimmt 10.000 Euro und das schon seit Jahren. Also lasst uns doch froh sein das der NDR so ein Blödsinn berichtet. Die Wahrheit kommt schon noch irgendwann raus. Meinetwegen kann das mit der Wahrheit noch etwas dauern, hab scheidungsbedingt noch Schulden und konnte mit EM noch nicht so wirklich Vorsorge treffen.

  3. Klar was soll die Tante auch anderes sagen. Sonst würden auch alle Aktien und Papiere links liegen lassen. Fakt ist Gold wird immer Geld sein das wussten schon die Ägypter, Piraten, Römer, Ritter etc. Für Gold haben schon viele Menschen ihr Leben gelassen.

  4. Wie sagt es Jean Ziegler? Wir leben in einem „Imperium der Schande“. Deswegen kann diese Krise Massenarbeitslosigkeit und massenhaftes Elend bedeuten. Erinnert Ihr Euch an den Slogan von 2008 und 2009? „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ Auch diesmal dürften die Simple People die Hauptlast tragen.

    Aber es gibt auch eine andere Erzählung. Der kritische österreichische Ökonom [ja, das gibt es tatsächlich!] Stephan Schulmeister sieht die Krise auch als Chance: Diese Krise bedeute das Ende des Neoliberalismus auf allen Ebenen. Der Kapitalismus gehöre nun endlich „radikal gebändigt“ – wenn auch nicht abgeschafft :-(.

    https://www.moment.at/story/stephan-schulmeister-corona-krise

    • @Thanatos

      Sympathischer Ansatz aber einen gerechten Kapitalismus nach Keynes wird es wohl nicht geben. Der Versuch in den 70zigern ist krachend gescheitert.

      ……………………………………………………………………………………….

      Der kurze Sommer des Keynesianismus
      Vom unglücklichen Bewusstsein zum kollektiven Gedächtnisverlust der ökonomischen Theorie

      John Maynard Keynes (1883 – 1946) war vielleicht einer der interessantesten Menschen des 20. Jahrhunderts. Als Spezialist der Geld- und Währungstheorie genoss er schon seit dem 1. Weltkrieg hohes Ansehen. Aber seine Interessen waren viel weiter gespannt. Von Haus aus Mathematiker, hatte er zunächst mit seinem „Traktat über Wahrscheinlichkeit“ (1921) internationales Aufsehen erregt. Seine eigentliche Liebe gehörte der Philosophie. Aber es war ihm nicht vergönnt, auf diesem Gebiet in Cambridge akademisch tätig zu werden, wie er gehofft hatte. Er mischte sich in die Politik, war im britischen IndienMinisterium tätig und auch als wirtschaftlicher Praktiker im Versicherungswesen und an der Börse erfolgreich. Sein Vermögen erlaubte es ihm, unabhängig zu sein; er förderte die Kunst und war ein grosser Kunstsammler. Er kaufte den Nachlass von Sir Isaac Newton, machte ihn der Forschung zugänglich und publizierte selber darüber.

      Diese Weite des geistigen Horizonts war nicht in die engen Grenzen einer wissenschaftlichen Fachdisziplin zu bannen. Ähnlich wie bei Marx finden wir in den Schriften von Keynes auf Schritt und Tritt transdisziplinäre Gedanken, in denen eine Einheit von Philosophie, Politik und Ökonomie aufscheint. Und dennoch hat Keynes, wie er selber sagt, als Ökonom die Grenzen der tradierten Fachwissenschaft und der institutionellen akademischen Reputation niemals überschritten. In gewisser Weise enthält sein theoretisches Werk ein Moment von dem, was der Philosoph Hegel „unglückliches Bewusstsein“ genannt hat. Auch sein persönliches Leben ist davon betroffen. Der vornehme EtonAbsolvent bewegte sich in den höchsten Kreisen der offiziellen Gesellschaft, aber er heiratete die russische Tänzerin Lydia Lopokova (und interessierte sich seitdem auch noch für die Geschichte des Theaters und des Ballets). Auch soll er von starken homoerotischen Neigungen geprägt gewesen sei, wie immer wieder kolportiert wird. Vielleicht war John Keynes ein Adler in einem goldenen Käfig. Und vielleicht war es sein Unglück, dass er kein rebellischer Aussenseiter sein konnte.

      Dieses Moment des „unglücklichen Bewusstseins“ ist auch in seinem 1936 erschienenen Hauptwerk („Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“) zu erkennen, das später als Beginn der „KeynesRevolution“ in der ökonomischen Theorie bezeichnet wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt galt in der akademischen Wissenschaft unangefochten das von JeanBaptiste Say (1767 – 1832) formulierte Theorem, dass jedes Angebot sich automatisch seine eigene Nachfrage schaffe und prinzipiell ein Gleichgewicht des Marktes allein durch den Markt selber hergestellt werden könne. Say systematisierte damit einen Grundgedanken, der bereits bei den ökonomischen Klassikern Adam Smith und David Ricardo zu finden ist. Dieser Auffassung zufolge können Disproportionalitäten des Marktes, Krisen und Arbeitslosigkeit immer nur eine Folge von „ausserökonomischen Ursachen“ sein. Verantwortlich dafür sind Kriege, Politik und nicht zuletzt Gewerkschaften, die angeblich den „natürlichen“ Prozess des Marktes verfälschen.

      Keynes war der erste seriöse Ökonom, der dieses Theorem grundsätzlich in Frage stellte. Aber er war nicht der erste Theoretiker, der das tat. Denn schon fast ein Jahrhundert zuvor hatte Karl Marx, das Enfant terrible der modernen Wissenschaft, die Krisen nicht durch „ausserökonomische Ursachen“, sondern durch die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise selbst erklärt. Marx galt jedoch nicht als seriös; seine Theorie war im offiziellen Pantheon nicht zugelassen und, wie Keynes bemerkte, vom Standpunkt der akademischen Wissenschaft aus in eine „Unterwelt“ verbannt. So stellte sich Keynes die unglückliche Aufgabe, die schon längst von einem Aussenseiter ausgearbeitete Kritik an Say und der klassischen Theorie nun auch innerhalb der akademischen Volkswirtschaftslehre zu formulieren. Die „KeynesRevolution“ war keine Revolution gegen die herrschende Theorie, sondern das Paradoxon einer Revolutionierung des wissenschaftlichen Establishments selbst.

      Der Ruhm von Keynes ist nicht denkbar ohne die grosse Weltwirtschaftskrise von 1929 – 33. Dieses ökonomische Erdbeben erschütterte die modernen Gesellschaften so tief, dass auch die Grundannahmen der ökonomischen Klassik ins Wanken gerieten. Die „General theory“ von Keynes kann als die Antwort der akademischen Volkswirtschaftslehre auf die Weltwirtschaftskrise verstanden werden. Keynes wies nach, dass das Theorem von Say nur einen Sonderfall darstellt und keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Ein relatives Gleichgewicht des Marktes ist auch auf niedrigem Niveau und bei einem grossen Ausmass an Unterbeschäftigung möglich. Mit anderen Worten: der Markt selber kann zu einer Situation führen, in der nicht genügend Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern besteht, sodass ein grosser Teil des gesellschaftlichen Angebots von Arbeitskraft seinerseits keine Nachfrage findet, ganz unabhängig von gewerkschaftlichen Aktivitäten.

      Im Gegensatz zu Marx wollte Keynes in diesen Tatsachen jedoch keine Grenze der modernen Ökonomie erkennen. Er hielt es für möglich, den Mangel an Nachfrage zu überwinden. Dies könne jedoch nicht allein durch die mikroökonomischen Entscheidungen der Individuen und der Unternehmen geschehen, sondern vor allem durch Massnahmen auf der makroökonomischen Ebene der Grössen im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf. Keynes betonte also die eigenständige Bedeutung der MakroÖkonomie, die von der Klassik vernachlässigt worden war. Er stützte sich dabei auf den Begriff des ökonomischen „Gesamtnutzens“ in der Gesellschaft, dessen Maximierung in der englischen Volkswirtschaftslehre bereits vor Keynes als „Welfare Economics“ bezeichnet worden war. Keynes löste diesen Begriff jedoch energischer als seine Vorgänger von einer blossen Addition des „individuellen Nutzens“ ab. Seit Keynes haben die „Welfare Economics“ eine ganz neue, makroökonomische Bedeutung bekommen.

      Wie die meisten Sozialisten wollte auch Keynes den Staat als eine Art Deus ex machina mobilisieren, um die ökonomische Krise zu bewältigen. Im Unterschied zum Sozialismus sollte der Staat jedoch nicht zum „Generalunternehmer“ werden, sondern lediglich durch makroökonomische Massnahmen die mangelnde Nachfrage stimulieren. Durch eine Erhöhung der Geldmenge, durch eine Umverteilung der Einkommen und durch zusätzliche öffentliche Investitionen könne der Staat dieses Ziel erreichen. Damit die zusätzlichen öffentlichen Investitionen jedoch nicht zum ökonomischen Nullsummenspiel werden, so Keynes, dürfen sie nicht durch zusätzliche Steuern finanziert werden; denn auf diese Weise käme die vermehrte staatliche Nachfrage ja nur dadurch zustande, dass die private Nachfrage abgewürgt wird. Der Staat müsse deswegen auf dem Wege des „Deficit spending“ seine zusätzlichen Investitionen finanzieren, also durch Kreditaufnahme und durch Geldschöpfung der Notenbank.

      Keynes propagierte Massnahmen des Staates, die bis dahin als unseriös und gefährlich gegolten hatten. Allerdings konnte er sich dabei auf eine ökonomische Praxis stützen, die im 1. Weltkrieg allgemein geworden war. Die keynesianischen „Welfare Economics“ standen von Anfang an in einer engen Beziehung zu den „Warfare Economics“ der Kriegswirtschaft. Der gemeinsame Nenner war das Deficit spending. Schon seit Beginn der Neuzeit hatten sich viele Staaten in Zeiten des Krieges verschuldet, weil die regulären Einnahmen durch Steuern nicht mehr ausreichten. Aber im 1. Weltkrieg erreichte diese Praxis eine neue Qualität, denn die Kosten der industrialisierten Kriegführung überstiegen alle bis dahin bekannten Dimensionen. Damals glaubte man noch, die enorme Staatsverschuldung sei eine Ausnahmeerscheinung des Krieges gewesen. Aber unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise schlug Keynes nun vor, das Deficit spending auch für die Ankurbelung der zivilen Ökonomie einzusetzen. Er meinte sogar, notfalls müsse der Staat in der Krise „Pyramiden bauen“ oder „Löcher graben und wieder zuschütten“, um zusätzliche Nachfrage zu erzeugen. Unfreiwillig zeigte er damit, dass die moderne Ökonomie den Charakter eines absurden Selbstzwecks hat. Der sinnlose und destruktive Verbrauch von Ressourcen in den militärischen Industrien des Todes wiederholt sich in der zivilen Ökonomie, nur damit die blind vorausgesetzte Eigendynamik des Geldes genährt werden kann. Auch in dieser Hinsicht verrät die Theorie von Keynes ein „unglückliches Bewusstsein“.

      Das historische Schicksal der „KeynesRevolution“ war ein höchst eigenartiges. Die ökonomische Praxis sowohl des „New Deal“ von US-Präsident Roosevelt als auch der faschistischen Diktatur in Deutschland (beides Antworten auf die Weltwirtschaftskrise) zeigte zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit den Gedanken von Keynes. Aber diese Praktiken waren mehr spontan und pragmatisch entstanden, jedenfalls noch nicht durch die „General theory“ legitimiert. Nach dem 2. Weltkrieg war die jüngere Generation der Ökonomen grösstenteils von Keynes beeinflusst. Dagegen hielt die ältere Generation, die meistens noch auf den Lehrstühlen sass, weiterhin an der klassischen Theorie fest. Aber auch die Vertreter der Klassik hatten inzwischen auf die Weltwirtschaftskrise reagiert, freilich ganz anders als Keynes. Der deutsche Ökonom Walter Eucken (1891 – 1950) führte die Krise darauf zurück, dass die Konkurrenz der Marktteilnehmer institutionell nicht ausreichend gesichert sei und der Markt von sich aus zu Monopolen führen könne. Auch er plädierte also für den Eingriff des Staates; aber nicht durch Deficit spending auf der Ebene der MakroÖkonomie wie bei Keynes, sondern durch eine institutionelle „Ordnungspolitik“, die den freien Wettbewerb staatlich garantieren soll. Diese Schule wurde als Neoliberalismus bezeichnet.

      In der ersten Ära nach dem 2. Weltkrieg waren die Neoliberalen einflussreicher als die Keynesianer. Und der unerwartete Boom der 50er und 60er Jahre, besonders das deutsche „Wirtschaftswunder“, schien gegen Keynes zu sprechen. Der deutsche Wirtschaftsminister Ludwig Erhard, eine Symbolfigur der damaligen Prosperität, bekannte sich zur neoliberalen Doktrin. Aber die Prosperität hatte ihre Ursache nicht in einer grösseren Freiheit der Konkurrenz als früher, sondern in der strukturellen Entwicklung der zentralen Industrien (Produktion von Autos, Kühlschränken, Waschmaschinen, Fernsehgeräten usw.), die eine starke Nachfrage auf allen Ebenen (Arbeitskraft, Konsum, Investitionen) erzeugte. Ausserdem war diese Entwicklung zumindest indirekt durch einen staatsökonomischen Impuls in Gang gekommen. Den Startschuss für die neue Prosperität hatten nämlich die „Warfare Economics“ des Koreakriegs Anfang der 50er Jahre gegeben; und seitdem haben die USA als Weltpolizist eine „permanente Kriegswirtschaft“ entwickelt, die nur durch ein ebenso permanentes Deficit spending aufrechterhalten werden kann.

      Aber die Zeit des „Wirtschaftswunders“ war nur ein kurzer sibirischer Sommer der Geschichte nach der Epoche der Weltkriege. Schon in den 60er Jahren fielen die Wachstumsraten wieder, und in den 70er Jahren drohte sogar das Gespenst von 1929. Jetzt schien die grosse Zeit des Keynesianismus gekommen, zumal die jungen Ökonomen der 40er Jahre inzwischen in führende Positionen aufgerückt waren. In den wichtigsten westlichen Ländern, vor allem in den USA, England und Deutschland, begann eine Ära keynesianischer Wirtschaftspolitik. Das Deficit spending wurde in grossem Masse als Herzschrittmacher des Kapitalismus eingesetzt. Auch die meisten Konzepte für die Entwicklung der 3. Welt enthielten Ideen von Keynes.

      Leider muss man sagen, dass der Sommer des Keynesianismus noch kürzer war als die neoliberale Ära der Prosperität. Keynes selber hatte geglaubt, das Deficit spending könne sich darauf beschränken, eine Art Starthilfe für die Eigendynamik des Marktes zu geben. Aber bald stellte sich heraus, dass das Herz des Marktes ohne Herzschrittmacher nicht mehr schlagen konnte. Das Resultat war eine sprunghaft steigende Inflation und eine allgemeine Krise der Staatsfinanzen. In der neuen Krise Anfang der 80er Jahre wurde der Keynesianismus als ökonomische Doktrin beerdigt. Damit bewies er sein „unglückliches Bewusstsein“: für die Weltwirtschaftskrise war er zu spät gekommen, in der Prosperität nach 1950 wurde er nicht gebraucht, und als er endlich zum „weissen Ritter“ der Ökonomie werden sollte, da war er schon veraltet.

      Was war der Fehler? Keynes verstand ebenso wie seine neoklassischen bzw. neoliberalen Konkurrenten die moderne Ökonomie nicht als einen (irreversiblen) historischen Prozess, sondern als die Existenzweise zeitloser ökonomischer Kategorien. Das ist erstaunlich, weil er in einem seiner Aufsätze schon 1930 als einer der ersten den Begriff der „technologischen Arbeitslosigkeit“ verwendet hatte und voraussah, dass „unsere Entdeckung von Mitteln zur Ersparung von Arbeit schneller voranschreitet als unsere Fähigkeit, neue Verwendung für die Arbeit zu finden“. Aber weil er glaubte, dieses Stadium werde erst ein Jahrhundert nach seiner Zeit erreicht, verfolgte er den Gedanken nicht weiter. In der „General theory“ haben wir es nicht mit der strukturellen Entwicklung des realen Kapitalismus zu tun, sondern mit der zeitlosen „Psychologie der Marktteilnehmer“ und den daraus möglichen „Fällen“ eines zeitlosen ökonomischen Systems. Der Keynesianismus der 70er Jahre ist aber nicht an einer „falschen“ Wirtschaftspolitik auf dieser zeitlosen Ebene gescheitert, sondern daran, dass die tragenden Industrien der historischen Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg strukturell erschöpft waren.

      Seit den 80er Jahren hat die mikroelektronische Revolution genau jene Grenze der modernen Ökonomie in Reichweite gerückt, die Keynes 1930 vorausgesagt hatte (auch wenn seine Schätzung naturgemäss ungenau war). Deswegen ist seine eigene Theorie gegenstandslos geworden. Das gilt auch für die von ihm vorgeschlagenen wirtschaftspolitischen Massnahmen, die relativ geschlossene Nationalökonomien voraussetzen. Keynes war sich darüber durchaus im klaren und hatte deshalb frühzeitig vor einer zu starken Expansion des Weltmarkts gewarnt. Die Ökonomen aber erlitten nach dem Ende des Keynesianismus einen kollektiven Gedächtnisverlust. Statt sich die Grenzen des modernen ökonomischen Systems einzugestehen, kreierten sie einen NeoNeoliberalismus und wärmten die längst widerlegte klassische Theorie wieder auf, als hätte es die Weltwirtschaftskrise und die Krise der 70er Jahre niemals gegeben. Wer aber die Geschichte bloss vergisst, statt sie kritisch zu überwinden, der ist dazu verurteilt, sie noch einmal zu erleben.

      Robert Kurz

      • @Krösus

        Du hast zielsicher den Hauptmangel seiner Argumentation gefunden. Schließlich kann ich mich auf Dich verlassen – und das meine ich ausnahmsweise mal nicht ironisch.

        Zurück in die Zukunft? Schulmeister lebt ökonomisch noch im Wirtschaftswunderland der Nachkriegskonjunktur, wo Produktivitätszugewinne und nachholende Nachfrage ein scheinbar funktionierendes System des Trickle Down* ermöglichten. Gewerkschaften konnten in diesem System des „Korporatismus“ (Sozialpartnerschaft) noch erhebliche Lohnsteigerungen und Arbeitszeitverkürzungen erkämpfen.

        Schulmeisters sentimentaler Ansatz reduziert sich auf Vollbeschäftigung und hohe Profitraten – die Marktwirtschaft als Ponyhof. Nur leider geriet dieses System mit dem Abschluss der inneren Kolonialisierung (innere Expansion – Sättigung der nationalen Märkte) in eine nicht mehr rückgängig zu machende Krise. Quasi der Beginn des Big Shorts, des Deficit Spendings und der uferlosen Verschuldung – und des neoliberalen Extremismus.

        Ja, das Wachstumsparadigma führt uns ins Verderben und endlich ist wieder Solidarität, Gemeinwohl und sozialer Zusammenhalt angesagt. Wirklich sympathisch. Wieder ohne Ironie.

        *Durchsickern des Einkommenswachstums von oben nach unten. Einkommenszuwächse der Reichen laufen den Einkommenszuwächsen der Ärmeren in der Gesellschaft zeitlich voraus und sind deren Voraussetzung – die inoffizielle Staatsräson der USA.

      • @Krösus

        ich verstehe nicht, wie ein kluger Kopf wie Du sich mit so einem verschwurbelten Theorieblödsinn beschäftigen kann der nur dazu dient, die wahren Dinge zu vertuschen. Diese Ökonomen sind so nutzvoll wie ein warmer Büffelschiß auf Kleingeld.

  5. Mal eine Frage:

    Was passiert mit Gold, wenn es eine Digitalwährung gibt? Wenn Verkündet wird Gold sei wertlos und man nur noch mit digitaler Währung zahlen kann?

    • @Philanthrop
      Dazu bräuchte man eine Weltregierung, die das auch weltweit durchsetzt. Glaube aber nicht, daß China und Rußland da noch mitmachen werden. Nicht mal mehr die Italiener nach all dem, was die letzten Wochen passierte. Dann wird das wie mit der D-Mark in der DDR. Wertspeicher und heimliches Zahlungsmittel. Und irgendwann gab es die Intershops …

    • @Philantrop
      mit Gold kannst du aktuell auch nicht zahlen. Du musst es in Euro tauschen und kannst danach Waren kaufen. Aktuell ist auch Barzahlung schwierig, da manche Geschäfte kein Bargeld mehr annehmen. Also Bezahlung nur digital möglich (Karte, Handy).

      Ob Gold wertlos ist oder nicht, entscheidet keine Regierung, sondern die Gesellschaft bzw. der Markt. Wenn man also eine Goldmünze oder einen Goldring auf den Boden eines belebten Marktplatzes legt, weggeht, nach einer Stunde wiederkommt und diese Goldmünze, bzw. der Goldring liegt immer noch da, dann ist Gold wertlos.

      Man nehme eine ausländische, wertlose Münze (Nickel, Messing, Eisen etc.) oder ein Schmuckstück aus Blech/Plastik und lege es auf den Boden. Wird nach einer Stunde wahrscheinlich immer noch da liegen. Vielleicht ein oder zwei Meter weiter, weil einige es aufgehoben haben, festgestellt haben, dass es wertlos ist und wieder hingeworfen haben. Kann natürlich auch sein, dass ein Ordnungsfanatiker es aufgehoben und ordnungsgemäß im daneben stehenden Mülleimer entsorgt hat.

        • @Translator

          Zitat;

          Die Experten von der Stiftung Warentest warnen daher: Anleger könnten bei Gold ähnlich viel verlieren wie bei einem Aktiendepot.

          Zitat Ende

          Die Expertisen der Experten haben uns dahin geführt, wo wir heute stehen, kurz vor dem Abgrund. Bald sind wir einen Schritt weiter.

          • @Krösus
            https://finanzmarktwelt.de/gold-rally-ende-163210/
            Hier haben wir noch ein paar von diesen Experten, die wir alle so lieben.
            Daß 3 Schweizer Raffinerien wieder loslegen, ändert im Grunde nichts.
            Bezahlte Dummschwätzer, nichts anderes. Gegen die bin ich allergisch.
            Stammt noch aus alten, realsozialistischen Zeiten, dieser Argwohn.

          • @Wolfgang Schneider

            Der Druck der Londoner LBMA und COMEX auf die schweizer Raffinerien hat wohl zu stark zugenommen;
            aber sobald der erste Raffinerie-MA positiv auf COVID-19 getestet wird, ist wieder „Power OFF“ am Schmelzofen.

          • @Meclever ?…..Der Preis verharrt bei 1600 Dollar……schoenen Gruss aus dem Maerchenland der Kruegrand liegt bei 1750 Euro…

          • @Meckerer
            Korrekter Weise müssen mindestens drei Mitarbeiter mit Covid-19 ausfallen und dann die ungünstigste Konstellation eintreten, damit „Power-Off“ wahrscheinlich wird. Grund:
            Die Firmen sind ja auch nicht doof. Wer noch keine Schichtarbeit hat, der führt diese jetzt ein. Natürliche Selektion.. äh nein… Isolation! Damit fällt immer nur eine einzelne geschlossene Gruppe als Kanonenfutter aus. Je mehr Schichten, je weniger Berührungspunkte und je mehr unabhängige Arbeitsgruppen, desto weniger macht eine einzelne Infektion aus. Auch der Kapitalismus ist lernfähig ;-)

    • @Philantrop

      Ich habe in einem Land gelebt, indem die Obrigkeit angeordnet hat, dass 1 DM = 1 Mark der DDR weil der Kurs von 1 DM = 4 Mark der DDR ein Schwindelkurs sei. Diese Anordnung hat nicht wirklich Jemanden interessiert. Selbst die Genossen haben 1 = 4 oder gar 1 = 5 getauscht.

      Das ist genauso wie mit der Prohibition in den USA, nach Verkündung derselben haben die Amis mehr gesoffen als zuvor und eine Mafia von illegalen Schnapsbrennern, Vermarktung und Lieferketten , sowie eine Erhöhung der real gezahlten Preise, waren die Folge. man hat die Aktion dann r stillschweigend wieder abgeblasen.

      Derzeit verkünden die Börsenkurse dass 1 Unze Gold einen Preis von 1513 Eumel haben soll. Mein Händler zahlt mir zur Stunde 1690 Eumel, wenn ich Ihm eine solche verkaufen wollte.

      Der Versuch die Realitäten mittels behördlicher Anordnung zu vergewaltigen ist noch keinem Staat bekommen.

      • @Krösus
        So kam in den USA die Mafia auf, so wurde sie stark. Die Prohibition war für sie die perfekte Anschubfinanzierung, so entstand das Karzinom. Befeuert von den religiös Vernagelten mit den feuchtblanken Augen, wenn sie „Jesus“ sagen. Die Indianer vom Stamme eines Mike Pence. Die bis heute nicht begreifen, daß in einer Demokratie Trennung von Staat und Kirche herrschen muß. Und im alten Sparta gab es sogar die Todesstrafe auf Goldbesitz. Bleimünzen waren angesagt. Nach ihrem endgültigen Sieg über Athen im 3. Peloponnesischen Krieg waren die Spartaner die Herren der antiken Welt. Alle mußten im Handel das Bleigeld akzeptieren, allen mußten Ware gegen Blei tauschen. Dauerte nicht lange, und alle, auch die ehemaligen Verbündeten gegen Athen, rotteten sich gegen Sparta zusammen, und unter Führung des Epaminondas von Theben wurde Sparta ausradiert. Wer hierbei an das Ende des Kalten Krieges mit dem Untergang der UdSSR 1991 und die FIAT-Währungen danach denkt, ist natürlich ein Schelm, der zu viel Feindpropaganda im Internet liest.

  6. Coronavirus ohne Ende, auch mir geht das Thema schon auf die Krone. Aber nochmal ein paar Zahlen zur Einordnung der derzeitigen Maßnahmen.

    In Deutschland gibt es nach offiziellen Schätzungen des RKI jährlich bis zu 600.000 Krankenhausinfektionen. Die Zahl der durch Krankenhauskeime verursachten Todesfälle liegt bei schätzungsweise 10.000 bis 20.000 pro Jahr.
    Nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaus-Hygiene sterben in deutschen Krankenhäusern jährlich sogar 40.000 Menschen an multiresistenten Keimen.

    https://www.tagesschau.de/inland/infektionen-101.html

    https://www.scinexx.de/news/medizin/deutschland-bis-zu-20-000-tote-jaehrlich-durch-krankenhauskeime/

    Um nicht missverstanden zu werden: Die „vulnerablen“ Personengruppen müssen jetzt unbedingt geschützt werden. Und es handelt sich offenbar um einen besonders aggressiven Erreger. Warum aber werden die diversen anderen Epidemien (Influenza 2017/18 in D mit 25.100 Todesfällen) so vergleichsweise stiefmütterlich behandelt? What’s going on here?

  7. Guten Morgen,
    der heutige Anstieg scheint, ähnlich dem überschätzten Virus, exponential zu sein. Die Steine haben begonnen zu rollen.

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