Wer geglaubt hatte, dass die expansive Geldpolitik keine Auswirkungen auf die Vermögenspreise haben würde, hat sich gewaltig geirrt.
Von Laurent Maurel
Liquiditätsschwemme
6470 Billionen US-Dollar unter der Matratze: Die Bargeldbestände der Geldmarktfonds erreichen historische Höchstwerte.
Diese Summe ist ein absoluter Rekord, der zeigt, dass sich die Anleger in Alarmbereitschaft befinden, und gleichzeitig eine verborgene Kraft offenbart, die in der Lage ist, die Märkte auf den Kopf zu stellen.
Ist diese Liquiditätsschwemme ein Zeichen für anhaltendes Misstrauen oder der Auftakt zu einer massiven Kapitalumschichtung?
Die bemerkenswerte Entwicklung ist gekennzeichnet durch einen deutlichen Anstieg der Barmittelbestände seit 2020, der durch die Coronakrise und die globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten noch verstärkt wurde.
Kapitalzufluss in Aktien
Geldmarktfonds werden in volatilen Zeiten oft als sicherer Hafen betrachtet, da sie Stabilität und Liquidität bieten.
Die verfügbaren Barreserven sind heute also höher denn je, während an den Märkten gleichzeitig neue Kursrekorde verbucht werden.
In den letzten Wochen verzeichneten die US-amerikanischen Aktien-ETFs einen nie dagewesenen Liquiditätszufluss:
KI-Hype
Die US-Märkte ziehen weiterhin Investoren aus der ganzen Welt an, wobei sich der Fokus zunehmend auf NVIDIA und Kryptowährungen richtet.
Das Flaggschiff der KI-Blase hat seine Marktkapitalisierung innerhalb eines Jahres verdreifacht, während die anderen Unternehmen der Branche nur 22 % zulegten:
Man muss zugeben, dass die Zahlen von NVIDIA weiterhin in jedem Quartal beeindrucken.
Mit einem Umsatz von 35,1 Milliarden $, weit über den vorhergesagten 33 Milliarden $, übertrifft das Unternehmen die Erwartungen deutlich. Im Jahresvergleich entspricht das einem Plus von 94 %. Der Gewinn je Aktie lag bei 0,81 $, ebenfalls über den erwarteten 0,74 $, mit einem Anstieg von 103 % gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen übertrifft die erwarteten Quartalsergebnisse also um 2 Milliarden $ und geht davon aus, dass der Umsatz im vierten Quartal sogar auf 37 Milliarden $ steigt.
Kryptowährungen
Auch der Sektor der Kryptowährungen profitiert seit der Wahl Donald Trumps von einem beispiellosen Hype. Die Kapitalzuflüsse in Krypto-Fonds erreichen Rekordhöhen:
Aktien-Bewertung
Das voraussichtliche KGV des S&P 500 von derzeit 21,7 deutet auf eine historisch hohe Bewertung hin, die weit über dem langfristigen Durchschnitt von etwa 16 liegt:
Obwohl Goldman Sachs bis Ende 2025 einen leichten Rückgang des KGV auf 21,5 prognostiziert, bleibt der Markt teuer, da er von anhaltendem Optimismus und soliden Gewinnaussichten getragen wird.
Steigende Zinsen oder eine Verringerung der Gewinne könnten die Lage allerdings ändern und das Risiko einer Korrektur erhöhen.
Marktrisiken
Die hohe aktuelle Bewertung des Marktes erfordert ein robustes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, um abrupte Kursanpassungen zu vermeiden. Mit anderen Worten: Die geringste Abwärtskorrektur der Prognosen für das Schwergewicht NVIDIA in den kommenden Monaten könnte ein erhebliches Risiko für ein neues Austarieren der Kurse an einem Markt mit sich bringen, der sich bereits auf einem historisch hohen Niveau befindet.
Die jüngsten Ergebnisse der US-Unternehmen eröffnen uns eine neue Perspektive.
Die Bewertung von Finanzanlagen stützt sich zunehmend auf Dienstleistungen und drängt die Industrie in eine untergeordnete Rolle. Dieser Strukturwandel offenbart sich insbesondere in der Dynamik der US-Finanzmärkte, wo die Börse weiterhin eine starke Performance zeigt. Die positive Entwicklung der Kurse ist nicht etwa auf eine Zunahme der Industrieproduktion zurückzuführen, sondern auf die Fähigkeit der Wirtschaft, die Bewertung von Dienstleistungen zu erhöhen, die nun im Mittelpunkt des Wachstums der großen Unternehmen stehen.
Wachstumsschwäche
Die jüngsten Ergebnisse von Apple (AAPL) sind ein perfektes Beispiel dafür. Mit einer Marktkapitalisierung von 3,43 Billionen $ und einem Nettogewinn von 94 Milliarden $ im Geschäftsjahr 2024 liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Unternehmens bei 34.
Diese hohe Bewertung steht im scharfen Kontrast zum Fehlen eines signifikanten Wachstums. Die Umsätze, die Apple mit dem Verkauf von physischen Produkten erzielt, sind sogar gesunken, und lediglich die Einnahmen aus Dienstleistungen konnten diesen Rückgang ausgleichen.
Dieser beispielhafte Fall legt einen tiefgreifenden Wandel in der Unternehmensbewertung offen: Dienstleistungen, insbesondere digitale und regelmäßig in Anspruch genommene, werden zum zentralen Pfeiler moderner Geschäftsmodelle. Allerdings wirft dieses Phänomen Zweifel an der Nachhaltigkeit der aktuellen Bewertungen auf, insbesondere im Kontext eines stagnierenden realen Einkommenswachstums.
Dienstleistungen gewichtiger als Industrie
Die zunehmende Abhängigkeit der großen Technologieunternehmen von Dienstleistungen auf Kosten von materieller oder industrieller Innovation könnte langfristig die Marktgleichgewichte neu definieren und die Erwartungen der Anleger verschieben.
Innerhalb von 30 Jahren wird sich der Anteil der westlichen Industrieproduktion halbiert haben, während der Dollar-Wert der Aktiva in dieser Region Rekordhöhen erreicht:
Die obenstehende Grafik veranschaulicht die tiefgreifende Umwälzung in der Verteilung der weltweiten Industrieproduktion zwischen 2000 und 2030. Im Jahr 2000 entfielen 75 % der Produktion auf die Länder mit hohem Einkommen (HICs), mit Spitzenreitern wie den USA (23 %), Japan (11 %) und Deutschland (6 %). Bis 2030 wird der Anteil der HICs voraussichtlich auf 49 % sinken, während die Schwellenländer, insbesondere China, eine dominierende Rolle einnehmen werden. Allein der Anteil Chinas an der weltweiten Industrieproduktion dürfte sich auf 45 % erhöhen, was eine historische wirtschaftliche Wende markiert.
Entdollarisierung
Dieser Umbruch ist Teil eines übergreifenden Trends zur Entdollarisierung. Im Jahr 2023 verarbeitete das chinesische Interbank-Zahlungssystem CIPS mehr als 6,6 Millionen Transaktionen mit einem Gesamtwert von 123 Billionen RMB (ca. 17 Billionen $), was einem Plus von 50,3 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser starke Anstieg spiegelt nicht nur die wachsende wirtschaftliche Bedeutung Chinas wider, sondern auch den strategischen Willen des Landes, seine Abhängigkeit vom Dollar zu verringern.
In einer Welt, in der sich die Industrieproduktion zunehmend in China konzentriert, verschiebt sich das globale wirtschaftliche Gleichgewicht von den alten Mächten weg und hin zu Asien.
Nie zuvor war so viel Geld im Umlauf wie heute. Nie zuvor stand an den Märkten so viel Liquidität zur Verfügung, um so hoch bewerteten Assets hinterherzujagen – wobei die hohen Bewertungen hauptsächlich auf der Fähigkeit der Unternehmen beruhen, Wachstum mit Hilfe der Dienstleistungen zu generieren, die sie zusammen mit ihren Produkten anbieten.
Folgen der expansiven Geldpolitik
Die exorbitante Bewertung der Märkte wirft jedoch eine grundlegende Frage auf: Haben wir berücksichtigt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das traditionell zur Bewertung herangezogen wird, in einer Welt, in der die Geldmenge jährlich um 7% wächst, möglicherweise keine relevante Messgröße mehr darstellt?
Führt die Geldschöpfung der letzten Jahre nicht dazu, dass sich unsere Wahrnehmung der Bewertung von Aktiva an der Börse radikal ändert?
Die übermäßige Liquidität, die in das Finanzsystem gepumpt wird, senkt künstlich die Kapitalkosten, bläht die Bewertungen der Finanzassets auf und treibt die Aktienkurse unabhängig von den realwirtschaftlichen Fundamentaldaten in die Höhe.
In einem solchen Umfeld besteht die Gefahr, dass sich die KGVs, die auf den prognostizierten Unternehmensgewinnen beruhen, völlig von der Realität abkoppeln.
Anstatt die tatsächliche Leistung der Unternehmen widerzuspiegeln, könnten die KGVs zunehmend von der beispiellosen Ausweitung der Geldmenge beeinflusst werden.
Wer geglaubt hatte, dass diese Geldpolitik keine Auswirkungen auf die Vermögenspreise haben würde, hat sich gewaltig geirrt.
Gold
Die Notenbanken drucken weiterhin unermüdlich Geld und setzen damit die rasche Ausweitung der Geldmenge fort.
Die Zentralbanken der BRICS-Staaten reagieren logischerweise auf diese Politik, indem sie ihrerseits die Goldkäufe fortsetzen.
Unter diesen Umständen löst jeder Rücksetzer des Goldpreises eine neue Kaufwelle aus, wie in dieser Woche zu beobachten war:
Quelle: Goldbroker
LAURENT MAUREL in Edelmetall- und Bergbauanalyst. Als ausgebildeter Ingenieur arbeitete er in verschiedenen Sektoren (Telekommunikation, Softwaretechnik, Astrophysik …) in Kanada, den Vereinigten Staaten, Deutschland und Frankreich.
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen im Rahmen von Gastbeiträgen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder. Sie stellen nicht notwendigerweise die Meinung von Goldreporter dar.
Ich kann mir nicht helfen: das liest sich exakt zu 100 % so wie 1929 oder Anfang 1980 vor dem Ende der Dot-Com Bubble.
Alles schon mal früher gesehen.
Und: im Zeitalter des Internet kann es jeder Anleger vom Sofa aus sehen. Wenn er will.
Einstein: die Definition von Irrsinn ist, wenn man immer wieder die gleiche Aktion durchführt und darauf hofft, daß das Ergebnis anders sein wird.
Von unserem Dorf aus kann man halbwegs beruhigt zusehen, was 2025 da draußen an den Finanzmärkten passieren wird.
@Meister Eder
glauben sie ja nicht, dass diese Verwerfungen wie wir sie in den nächsten Jahren erleben werden nur auf Städte oder ähnlichem sich beschränken werden. Wenn überhaupt wird man bestenfalls außerhalb der westlichen Welt mit einem blauen Auge davon kommen.
Die Probleme entladen sich nicht nur wegen groben ökonomischen Fehlern so viel ist sicher….
@Fritzthecat
Befürchte, Sie liegen richtig.
Immer wenn wir glaubten, noch blöder können die Politiker gar nicht sein, haben die das Gegenteil bewiesen.
Es soll da angeblich einen Blackrock-Mitarbeiter geben, der keine Angst vor dem Atomkrieg hat und deutsche Raketen auf Rußland ballern will.
Und der lebt unglaublicherweise nicht in der geschlossenen Psychiatrie (Selbst-oder Fremdgefährdung ist ein astreiner Grund für eine dauerhafte Einweisung).
Schade, daß Dummheit ich weh tut.
Mir wird langsam Angst.
Aber wohin ?
Feuerland , Namibia……. ?
gibt’s einen Grund für den Gold Crash heute Nachmittag?
@Peter Parker
3% beim Gold und 4% beim Silber, innerhalb 12 Stunden. Ein Balkonabwurf oder Flashcrash genannt.
Nein, Grund gibt es keinen, aber es kann einer konstruiert werden.
1. Die Shortseller (Hausfrauen) stellen glatt und nehmen die Gewinne mit.
2. Die allgemeine Lage, keiner braucht mehr Gold, es wird rausgeschmissen, weil:
Putin zieht sich aus der Ukraine zurück und leistet Wiederaufbau Hife.
Israel zieht sich aus Palestina zurück und akzeptiert den Staat und bittet um Entschuldigung.
China verzichtet auf Taiwan und kooperiert mit Trump.
Trump verzichtet auf Zölle, unterstützt die europäische Automobilindustrie mit Milliardenhilfen.
Deutschland verbietet die AFD und das BSW und wählt die Groko unter Scholz.
Das heißt: Krise ? weit und breit keine, war da eine? Habe ich wohl verschlafen.
3.Der Weihnachtsmann. Die einzig reale Erklärung.
4. und der hier:
https://youtu.be/A0bBSCpVZNI
Danke, Superfilm!
ich würde tippen das in nächsten Tage wieder ein bisschen eskaliert wird und der Preis schonmal tiefer gelegt wird. Hoffentlich nicht bei uns. Interessant, dass sich Bitcoin besser hält als Gold..
Das sich Bitcoin besser hält als Gold ist NUR Trumps und Musks mehrfachen öffentlichen pushing zu verdanken. Natürlich erst dann nachdem die Beiden stark gekauft hatten. Das ist doch offensichtlich. Dieses Dreamteam bereichert sich unglaublich . Darin hat Musk ja schon Erfahrung . Wer glaubt dass was aus deren Mündern kommt ist selbst schuld.
@ Peter Parker
Ich denke das hier könnte der Grund sein……
Die Hinweise auf ein Ende des Kriegs im Libanon verdichten sich. Medien berichten, Israels Kabinett wolle einer Vereinbarung für einen Waffenstillstand mit der Hisbollah zustimmen – und das sehr bald.
Heute fast schon -4%. Das ist doch mal ein Angriff aus dem nichts. Da werden bei LBMA
und Comex aber die Dom Pérignon Korken knallen.
Amerikanische Banken bekommen Gelegenheit ihre abstrusen Leerverkäufe abzuschließen.
Alles nur Papiergeschacher. Hat nichts mit echtem Gold zu tun
@peter parker
frage ich mich auch ..
Gold hat bis 19:40 über 4,3% eingebüsst. Keine Gazette liefert auch nur den Ansatz einer Erklärung für eine solche Verwerfung. Das übliche Analystengeschwafel und die Lienieninterpretation (50Tageslinie, Widerstandslinie und bla bla) kann man sich wohl sparen. Da hat irgendein Player mit sehr großer Marktmacht absichtlich den Kurs zerstört (um die Russen und die Chinesen zu ärgern?). Für solche Events bekommt man leider noch nicht einmal nachgeschobene, halbwegs plausibel klingende Erklärungen.
@Matthias Barth Die Chartanalyse kommt für mich dem Kaffeesatzlesen gleich, da der Goldpreis oder ganz allgemein die Edelmetallpreise manipuliert werden und somit nicht immer den Marktgesetzen gemäß Angebot und Nachfrage folgen. Deswegen kommt der Chart für mich als Kaufentscheidung nicht in Frage. Geopolitische Ereignisse, Zinsen oder sonstige Verunsicherungen beeinflussen den Goldkurs. Langfristig macht man mit Gold keinen Fehler. D. h., wenn man seine Kaufentscheidung auf mindestens 5 bis 10 Jahre auslegt, sollte der Kauf sich immer lohnen.