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Meinung Finanzmärkte

Europas Wachstum ist eine böse Illusion

Der griechische Finanzminister Yannis Stournaras: Noch weit von Wachstum entfernt? Der griechische Finanzminister Yannis Stournaras: Noch weit von Wachstum entfernt?
Der griechische Finanzminister Yannis Stournaras: Noch weit von Wachstum entfernt?
Quelle: REUTERS/YK/LP
Mit Griechenlands Rückkehr an den Kapitalmarkt feiert Europa einen Erfolg der totalen Marktverzerrung. Denn die Schuldenquote des Landes heute signifikant höher als vor der Euro-Rettung.

Das Leben ist voller Gaukler. Sie bieten regelmäßig und mannigfaltig Anlass, über die Künste der Unterhaltung nachzudenken. Im Mai findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt.

Dieses Parlament hat weder ein Initiativrecht – es kann also keine Gesetzvorschläge machen, denn dieses Königsrecht eines Parlaments steht ausschließlich der Europäischen Kommission zu – noch kann es den eigenen Präsidenten zur Wahl vorschlagen. Letzteres macht der Europäische Rat, das Gremium der 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Trotz Demokratiedefizit gibt es zur Wahl also zwei „Spitzenkandidaten“.

Eine machtanalytische Regel besagt, dass man im Windschatten der einen Krise schnell die Stellschrauben einer anderen Krise verändern kann, welche sonst nicht hätten verändert werden können.

Während also der EU-Wahlkampf läuft und der Sturm um die russische Krim tobt, versucht es die Europäische Zentralbank (EZB) unversehens erneut mit Experimenten.

Seit Kurzem offen und verdeckt, dafür aber stetig insinuiert sie die Politik des ungedeckten Schecks, gewöhnlich auch Quantitative Lockerung (QE) genannt.

Anders ausgedrückt: Man teilt subtil den Märkten und der Öffentlichkeit mit, durch Hinzunahme der Notenpresse – also durch das reine Drucken von Geld – ein Ankaufprogramm von Anleihen jenseits der Billionenhöhe zur Deflationsbekämpfung anzustreben. Eben so, wie dies andere Notenbanken wie die US-Fed seit Jahren machen.

Inflation als Schmiermittel

Nun, die westliche Welt befindet sich seit 1981 in einem fallenden Inflationszyklus, Disinflation genannt. Seit der Jahrtausendwende haben Globalisierung und die Digitalrevolution den Verfall des Preisniveauanstieges noch beschleunigt.

Der moderne Wohlfahrtsstaat braucht aber die Inflation als Schmiermittel, denn nur so können die systemgefährdenden Staatsschulden und private Vermögenswerte mittelfristig abgebaut werden.

Die Botschaft aber der EZB ist eindeutig: Wenn angeblich alle traditionellen geldpolitischen Mittel versagen, hilft nur noch der offensive Gebrauch der Notenpresse. Dass die Finanzmärkte dieses Einläuten der nächsten Partyrunde willkommen heißen, versteht sich von selbst („convergence trade“). Der Mammutanteil dieser Billion Euro wird in die Finanzwirtschaft fließen, doch nur ein geringer in der Realwirtschaft ankommen.

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„Deflationsgefahrenabwehr“ ist daher ein EZB-Code zur weiteren Rettung von Banken und EU-Staaten wie auch zur Schwächung des Außenwertes des Euro, allerdings unter einem anderen Label.

Wie zu Leonid Breschnews Zeiten in der untergegangenen Sowjetunion werden Illusionserfolge gefeiert. Vor Kurzem ging das bankrotte Griechenland erneut an den Kapitalmarkt. Es wurde ein völliger Erfolg der totalen Marktverzerrung. Griechenlands Schuldenquote ist heute signifikant höher als vor der „Euro-Rettung“ 2010, während das Bruttoinlandsprodukt um rund 25 Prozent gefallen ist.

Für den Finanzmarkt ist dies nicht relevant, denn Griechenland ist Deutschland, zumindest was die Garantie und die Bonität der Anleihe angeht. Die Anleger haben nichts anderes gemacht als eine griechische Anleihe mit fetten Zinsen gekauft – auf welcher fein säuberlich „Deutschland“ und „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ gedruckt zu stehen scheint, eben eine andere Art Euro-Bond.

Abwarten, was passiert

Und damit kein Zweifel aufkommt, dass die europäische Politik die Vereinigten Staaten von Europa anstrebt und vorbehaltlos hinter der EZB steht, sagte Martin Schulz, Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten: „Die Vereinigten Staaten von Amerika lassen die Notenpresse laufen ohne Ende – und was machen wir? Wir schauen in einer geradezu theologischen Art und Weise auf die Verträge.“

Immerhin, Jean-Claude Juncker, der Spitzenkandidat der europäischen Christdemokraten (EVP), wusste es schon in 1999 besser zu formulieren: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Die EZB kann dieses PR-Strategiekonzept als Handlungsmuster verwenden, bis es faktisch Euro-Bonds und ein einheitliches Zinsniveau für alle EU-Staaten gibt. Verträge, fragt sich der Anleger, welche Verträge?

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