Von Egon von Greyerz, Matterhorn Asset Management AG
„Nehmen Sie mich beim Wort: Keine neuen Steuern!“ Das sagte Bush Senior bei seiner Dankesrede zur Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner 1988; er versprach, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. 1992 stand all das wieder zur Disposition, als die Clinton-Kampagne zu einem verheerenden Angriff auf Bushs Gelöbnis ansetzte. Was dann folgte, wissen wir.
Es gibt eine einfache Regel: Man hört nicht darauf, WAS die Menschen sagen, sondern WIE sie es sagen. Schon vor 50 Jahren beschrieb Mehrabian in seinem Kommunikationsmodell, dass Worte nur 7 % der Gesamtbotschaft ausmachen, dass die Körpersprache einen Anteil von 55 % hat und der Ton der Stimme ganze 38 %. Deswegen sollte man sich nie auf die Worte eines Sprechers konzentrieren, denn die sind am wenigsten wichtig.
Eine Welt voller Quants und neuraler Systeme
Die Automatisierung von Investitionsentscheidungen ist ein massiver Wachstumsbereich. Anfang der 2020er gab es bei Goldman Sachs 920 freie Stellen für Ingenieure, unter anderem für Quants und Datenspezialisten. Diese Stellen machten knapp 50 % aller freien Stellen bei Goldman aus.
Vorbei die Zeiten, als damals, vor mehr als 50 Jahren, die Aktienhändler irgendwann gegen 10 Uhr morgens in der City of London (Finanzdistrikt) eintrudelten, sich eine zweistündige Mittagspause mit Gin&Tonic, Wein plus Portwein und anschließend Käse genehmigten. Ich erinnere mich gut daran, weil ich in dieser Zeit auch in der City zu tun hatte.
Eine Welt ohne Compliance und ohne Regulierung
Das war die Zeit, in der Geschäfte noch per Handschlag gemacht wurden und keine 250 Seiten langen Verträge und 10 Rechtsbeistände gebraucht wurden. Es herrschte vollstes Vertrauen und das Wort eines Brokers galt. Es gab praktische keine Compliance, der Insider-Handel war legal.
Heutzutage wird die Finanzwelt voll und ganz durch strenge Gesetze und Regulierungen kontrolliert, durch absurd komplexe Compliance-Bestimmungen und tausende Rechtsanwälte. Das Vertrauen ist weg, es herrscht Angst und alle sichern sich nach allen Seiten ab.
Trotzdem war das Business in den alten Zeiten ruhiger und definitiv angenehmer verglichen mit der heutigen, skrupellosen Geschäftswelt.
Investitions-Entscheidungen nach Tonlage der Fed-Chefs
Neuronale Netzwerke und Quants gab es vor fünfzig Jahren noch nicht. Die heutige Zeit hingegen ist so schnell, dass es bald schon keine Menschen mehr braucht. Eine Studie von drei verschiedenen Forschern der Universitäten Berkeley, Birmingham und Reading (beide GB) ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die mit der menschlichen Sprache von Zentralbankern transportierten Emotionen nicht nur die Aktienmärkte bewegen, sondern auch als Grundlage für Finanzentscheidungen dienen können. Die Forscher analysierten die Stimmen von Bernanke, Yellen und Powell während der Pressekonferenzen nach FOMC-Treffen.
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass allein der Wechsel von einer negativen zu einer positiven Tonlage des Fed-Chefs den S&P-Index um bis zu 200 Basispunkte ansteigen lassen kann. Zu diesem Zweck wurde ein neuronales Netzwerk gebaut, um die einzelnen Segmente jeder Audioaufzeichnung mit einer Datenbank abzugleichen. Die Datenbank kategorisiert nun, welche Emotionen die menschliche Sprache widerspiegelt, indem sie auf Audioaufnahmen von Schauspielern zurückgreift, die den Text in unterschiedlichster Weise wiedergegeben hatten.
Auch Investmentbanken verfügen über ähnliche Modelle, welche jedoch bei weitem nicht so fortgeschritten sind wie dieses. Doch genau in diese Richtung werden die Banken jetzt vorstoßen. Die Analyse der Aussagen von Zentralbankern aber auch Finanzministern und Unternehmensvorständen wird in den kommenden Jahren zur Standardprozedur gehören.
Schauen wir uns jetzt aber an, was die Fed in Bezug auf Gold sagt. Die oben genannten neuronalen Systeme funktionieren beim Gold nicht ähnlich präzise wie bei der Forex- und Aktienmarktanalyse.
Greenspan über Gold
Politiker sprechen mit gespaltener Zunge, das ist ein gängiges Axiom. Sobald sie in die Politik einsteigen, ist es ihnen unmöglich, die Wahrheit zu sagen.
Dasselbe gilt für die Oberhäupter der Federal Reserve. Ganz gleich, welche Ansichten der Amtsinhaber zuvor über gesunde Geldpolitik gehabt haben mag, sie sind, sobald er oder sie das Eccles-Gebäude betritt, wie vom Winde verweht.
Mein Kollege Matt Piepenburg schrieb letzte Woche über den Urheber der derzeitigen „Everything Bubble“ Alan Greenspan. Dieser „Maestro“ ist zum Inbegriff des kompletten Sinneswandels geworden, da Greenspan als frischer Federal-Reserve-Chef quasi alle zuvor gehegten Prinzipien über Bord werfen musste.
1966 schrieb er seinem berühmten Essay „Gold und wirtschaftliche Freiheit“:
“Daher wirkt unter dem Goldstandard ein freies Bankensystem als Hüter von ökonomischer Stabilität und ausgeglichenem Wachstum. Wenn Gold von den meisten oder gar allen Nationen als Tauschmittel akzeptiert wird, so begünstigt und fördert ein ungehinderter freier Goldstandard weltweit die Arbeitsteilung und einen umfangreichen internationalen Handel.“
Während einer Kongressanhörung im Jahre 1978 meinte Greenspan:
„Fehlt der Goldstandard, besteht keine Möglichkeit, Ersparnisse vor Konfiszierung durch Inflation zu schützen. Es gibt keinen sicheren Wertspeicher mehr.“
Doch wie mein Kollege letzte Woche auch schrieb, wurden alle noblen Prinzipien Greenspan komplett verworfen, als er 1987 zum Chef der Federal Reserve aufstieg. Er wurde stattdessen zum Vater der Everything-Bubble, die jetzt auf einen Höhepunkt zusteuert.
Dieses brillante und perfide System war jedoch nur in der Abwesenheit eines Goldstandards möglich und durch die Schaffung von Megatonnen wertloser Fiat-Währung aus dem Nichts.
Als Greenspan zur Spitze der Fed aufstieg, musste er zweckmäßigerweise auch seine Vorliebe für Gold unterdrücken, weshalb sich in der Folge bei ihm eine Art eigenes Fed-Fachchinesisch ausprägte.
Er gestand das auch ein:
„Seitdem ich Zentralbanker wurde, habe ich gelernt, mit großer Inkohärenz zu nuscheln. Sollte Ihnen das, was ich sage, unangemessenerweise einleuchten, dann müssen Sie das, was ich sagte, wohl missverstanden haben.“
(aus einer Rede vor einem Senatsausschuss 1987)
Zumindest hat er einen guten Sinn für Humor!
In einem Lagebericht vor dem Ausschuss für Bankenwesen und Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses am 24. Juli 1998 wagte Greenspan tatsächlich, seinen Hang zum Gold zu äußern:
„Als einer der Wenigen habe ich, wie Sie wissen, nach wie vor nostalgische Ansichten über den alten Goldstandard; doch ich muss Ihnen auch sagen, dass ich in dieser Frage einer sehr kleinen Minderheit unter meinen Kollegen angehöre.“
Bernanke über Gold
Das klassische Beispiel für einen Rollentausch hinsichtlich Gold war Bernankes Bericht vor dem Ausschuss für Bankenwesen und Finanzdienstleistungen im Juli 2011. Zu jener Zeit stand Gold bei 1.560 $.
Während der Befragung durch Ron Paul meinte Bernanke: „Gold wird gemeinhin zum Schutz vor Tail Risks gehalten, also ganz, ganz schlimmen Entwicklungen.“
Paul fragt weiter: “Ist Gold Geld?”
“Nein” antwortet Bernanke nach langem Zögern…… “es ist ein Anlagewert”.
“Warum halten Zentralbank dann also Gold?“, fragt Paul. Bernankes Antwort: „Aus Tradition eben.“
Bernanke zufolge ist Gold also kein Geld, sondern eine Tradition.
Interessanterweise lagert die Fed 8.000 Tonnen „Tradition“ in Fort Knox und anderen Hochsicherheitseinrichtungen.
Bequemerweise lässt Beranke unerwähnt, dass Gold gemeinhin noch zum Schutz vor einem schroffen Einbruch des Dollars gehalten wird. Zur Zeit seiner Aussage hatte der Dollar im 21. Jh. effektiv 82 % verloren und 98 % seit 1971.
Das nennt Bernanke Tradition. Was er nicht sagt: Gold ist das einzige Geld, das im Verlauf der Geschichte überlebt hat, während die anderen aufgrund völliger geldpolitischer Misswirtschaft durch Zentralbanken untergingen.
Powell über Gold
Auch der derzeitige Fed-Chef hat, wen überrascht es, kaum Verständnis für Gold. Während einer Diskussion in der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beschrieb er Bitcoin kürzlich erst als Asset, das durch nichts gedeckt sei.
Dahingehend würde ich ihm noch zustimmen: „Krypto-Werte sind hochvolatil und daher als Wertspeicher nicht geeignet.“ so Powell. „Wir sprechen hier von einem spekulativen Asset, das im Grunde eher ein Ersatz ist für Gold als für den Dollar.“
Also: Noch so ein ahnungsloser Fed-Chef“!
Natürlich müsste man Powell auch noch folgende Frage stellen:
Warum zur Hölle verkaufen Sie nicht Ihre (angeblich) 8.000 Tonnen Gold und kaufen dafür Bitcoin?? Denn zu diesem Schluss müsste man ja kommen, wären Krypto-Assets ein Ersatz für Gold. Man stelle sich auch vor, wie viel der Herr Vorsitzende sparen könnte: 8.000 Tonnen Gold macht 4,4 Billionen $, die am Ende auf einen kleinen Speicherstick passen würden, den man in der Hosentasche trägt.
Greenspan ohne Maulkorb
Zum Schluss noch einmal zurück zu Greenspan, zu einer Zeit, als er den Fed-Maulkorb ablegte und zu seinen Ansichten bezüglich werthaltiges Geld zurückkehrte. In einem Interview von 2014 sagte er:
„Gold ist eine Währung. Es ist gewiss noch immer eine erstklassige Währung. Keine Fiat-Währung, auch nicht der US-Dollar, kann ihm ans Wasser reichen.“
„Gold hat bestimmte Eigenschaften, die keine andere Währung, vielleicht mit der Ausnahme von Silber, für sich geltend machen kann. Seit mehr als zwei Jahrtausenden verfügt Gold über praktisch unhinterfragte Akzeptanz als Zahlungsmittel. Es brauchte nie die Kreditgarantien einer dritten Partei. Es werden keine Fragen gestellt, wenn Gold oder direktes Anrecht an Gold zur Begleichung einer Forderung geboten wird.“
Da haben wir es also. Dem heute 95-jährigen Greenspan ist, wenn er frei sprechen darf, Folgendes klar: In einer mit Billiardenschulden gefüllten Welt kann kein Giral-Geld Gold ans Wasser reichen.
Rohstoffinflation wütet
Wie KWN kürzlich zeigte, wütet in der Welt derzeit eine Rohstoffinflation. Hier ist ein Chart des Wisdom Tree Commodity Index, der seit 2020 um 50 % gestiegen ist.
Gold-Bullenmarkt nimmt wieder Fahrt auf
Wahrscheinlich wird die Inflation deutlich über den Zinssätzen liegen, wie in den 1970ern. Das bedeutet auch, dass es weiterhin negative Realverzinsung geben wird, was wiederum sehr günstig für Gold und Silber ist.
Wie der Chart unten zeigt, hat Gold jetzt die seit August 2020 bestehende Korrektur beendet, und der nächste (vorläufige) Haltepunkt müsste bei ca. 3.000 $ liegen.
Als Anleger sollte man sich jedoch keine Sorgen um den Goldpreis machen, sondern Gold halten – als den ultimativen Schutz vor der größten Finanz-Bubble der Geschichte.
Egon von Greyerz ist Gründer und Managing Partner der Matterhorn Asset Management AG (www.goldswitzerland.com).
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen im Rahmen von Gastbeiträgen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung von Goldreporter dar.
Goldreporter
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„ „Krypto-Werte sind hochvolatil und daher als Wertspeicher nicht geeignet.“ so Powell.
„Wir sprechen hier von einem spekulativen Asset, das im Grunde eher ein Ersatz ist für Gold
als für den Dollar.“
Allen Notenbankern ist eines gemeinsam: sie hassen Gold, weil ein ansteigender
Goldpreis das Vertrauen in die „Omnipotenz“ der Geldverleiher und das
„Fiat-Money-Papp-Machè“ der Lächerlichkeit preisgibt…
Mein Geheim-Tip am Mittwoch:
„So machen Ihr Euer $-Pappmaché selber.“
„Die Menge der Materialien hängt davon ab, wie viel Pappmaché Sie machen möchten,
also wie groß Ihr QE-Projekt werden soll. („QE“= Quantitatives Erleichtern…) … (♥)
Zuerst zerrupfen Sie die benötigte Menge Klopapier und geben die Fetzen in die
Schüssel. Tipp: Bereiten Sie lieber gleich etwas mehr vor. Mit klebrigen Fingern wird
es schwer, das Papier nachträglich zu zerrupfen.
Nun geben Sie nach und nach Wasser dazu und kneten das Toilettenpapier kräftig durch.
Am Ende sollte ein Brei entstehen.
Möchten Sie das Pappmaché einfärben, ist nun der Zeitpunkt gekommen. Kneten Sie so
viel Farbe unter, bis der gewünschte Farbton erreicht ist.
Jetzt ist der Kleister dran. Geben Sie davon etwas in die Hand und kneten den Kleister
unter den Brei. Die Menge an Kleister hängt von der Menge Wasser ab, die Sie zugegeben
haben.
Der Brei sollte am Ende die Konsistenz haben, dass Sie daraus einen Klumpen formen
können. Fertig ist Ihr Pappmaché und Sie können mit dem $-Noten-Basteln beginnen.
Es dauert etwa zwei Tage, bis die Masse vollständig trocken ist.
Übrigens: Haben Sie zu viel (Corona-)Toilettenpapier gekauft, finden Sie im Internet
auch Anleitungen, wie Sie eine FED-Klopapiertorte selber machen können.“
Wem das alles zu mühsam ist, der kann auch … (hier mehr:)
Bitte jetzt schon vormerken: nächsten Mittwoch folgt mein nächster Tipp:
„Wir basteln aus einem Luftballon eine Handyhülle“.
Soo, jetzt habt Ihr alle im Forum einen detaillierten Tagesablauf und Lieblingsbeschäftigung
der Notenbanker nachlesen können. ໒( •́ ∧ •̀ )७
Offen gesagt: Ich fühle kein Mitleid. ❣
„Madam Yellen’s Finanzministerium hält die Schuldschein-Auktionen unverändert
auf Rekordniveau und warnt ( mit vorgehaltener Hand, of course ) vor der
häßlichen ‚Schuldenobergrenze‘ (debt limit).“
„Zwei Tage nachdem das US-Finanzministerium die Zinsbeobachter überraschte,
indem es bekannt gab, dass es im laufenden Quartal fast 5x mehr Schuldscheine
verkaufen würde als zuvor erwartet (465 Mrd. $ gegenüber 95 Mrd. $) und $1,3
Billionen über die zweite Hälfte des Geschäftsjahres…
… und am Mittwoch um 8:30 Uhr gab das Finanzministerium in seiner jüngsten
vierteljährlichen Ankündigung zur Rückzahlung bekannt, dass es seine
vierteljährliche Auktion langfristiger Kupon-Schuldtitel unverändert und auf einem
Allzeithoch von 126 Mrd. $ (gegenüber 84 Mrd. $ vor einem Jahr) beibehalten wird,
um ca. 47,7 Mrd. $ an Schatzanweisungen und -anleihen mit Fälligkeit am 15. Mai
2021 zurückzuzahlen. Diese Emission wird neue Barmittel in Höhe von ca. $78,3 Mrd.
einbringen. Die zu versteigernden Wertpapiere sind:
$58 Milliarden in 3-jährigen Anleihen, die am 11. Mai 2024 fällig werden, abweichend
von $58Milliarden im Februar,
10-jährige Anleihen im Wert von $41 Milliarden mit Fälligkeit 2031 am 12. Mai,
unverändert gegenüber $41 Milliarden im Februar
$27 Milliarden in 30-jährigen Anleihen mit Fälligkeit 2051 am 13. Mai, unverändert
gegenüber $27 Milliarden im Februar.
Wie Bloomberg anmerkt, war dies das erste Mal seit mehr als einem Jahr, dass
die Summe der Rückzahlungen nicht gestiegen ist, „was darauf hindeutet, dass der Finanzierungsbedarf seinen Höhepunkt erreicht hat.“
Dieses winzige MEHR ($463 Mrd.) an Schulden-Aufnahme ist wahrscheinlich – wie die
steigende Inflationsrate – „nur“ vorübergehend ? ๑•͡ .̫•꒜
Schließlich will ja auch die Drückerkolonne des PPT für die EM-Drückerei gebührend
bezahlt werden;
„whatever it takes“.
Quelle: 0-Hedge
໒( •́ ∧ •̀ )७
Nach wie vor interessiert mich nur, wieviel Gramm Gold ich für einen 50 Euro Schein bekomme.
Zur Zeit etwa genau soviel, wie der Schein wiegt.
Etwa 0.9 Gramm.
Es war schon mal fast doppelt so viel.
Ich fürchte, dass, wenn der Autor recht hat, es womöglich nur halb so viel oder weniger dafür gibt.