Seit den 1970ern zeigt der Goldpreis wiederkehrende Rallys und Korrekturen. Inflation, Schulden, Krisen und spekulative Phasen prägen den Preis.
Das Ende des Goldstandards: Der Startpunkt einer neuen Ära
Erneut befindet sich der Goldpreis aktuell in einer Boomphase. Als US-Präsident Richard Nixon 1971 die Goldbindung des Dollars aufhob, begann die moderne Goldpreisgeschichte. Der zuvor fixe Kurs von 35 US-Dollar pro Unze wurde freigegeben – der Markt reagierte mit einem Befreiungsschlag. In weniger als zehn Jahren vervielfachte sich der Preis auf über 800 US-Dollar. Ölkrisen, galoppierende Inflation und geopolitische Spannungen trieben Anleger in das Metall.

Aber diese erste große Hausse endete abrupt. Mit der Zinspolitik von US-Fed-Chef Paul Volcker Anfang der 1980er-Jahre kam die Wende. Zweistellige Leitzinsen bremsten die Inflation, der Dollar erstarkte. Gold verlor in den Folgejahren über 60 Prozent seines Wertes – der erste große Bärenmarkt der Neuzeit.
Die Durststrecke der 1990er: Vertrauen in Papier
In den 1990er-Jahren dominierte wirtschaftliche Stabilität. Globalisierung, technologische Euphorie und ein starker Dollar ließen Gold in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig verkauften westliche Zentralbanken einen Teil ihrer Reserven – allen voran Großbritannien und die Schweiz. Die Verkäufe drückten zusätzlich auf den Preis. Um 1999 markierte Gold mit rund 250 US-Dollar je Unze das Tief – ein historischer Tiefpunkt, ausgelöst durch Übervertrauen in das Papiergeldsystem.
Der Superzyklus der 2000er: Vom Dotcom-Crash zur Finanzkrise
Das Platzen der Technologieblase und die Terroranschläge vom 11. September 2001 lösten den nächsten Aufschwung aus. Die Notenbanken senkten Zinsen, Schulden stiegen. Gold gewann als Schutzanlage an Bedeutung. Mit der Finanzkrise 2008 beschleunigte sich die Rally dramatisch. Anleger flüchteten in Sachwerte, während Zentralbanken weltweit Geld druckten.
2011 erreichte der Goldpreis ein neues Rekordhoch bei rund 1.920 US-Dollar (London Fixing). Doch die Euphorie wich schnell. Mit dem Ende der Eurokrise, einem stärkeren Dollar und steigenden Aktienmärkten fiel Gold bis 2015 wieder auf rund 1.050 US-Dollar – ein Rückschlag um fast 45 Prozent.
Die Corona-Ära: Von Nullzinsen zum neuen Rekord
Erst 2019 begann die nächste Aufwärtsphase. Handelskonflikte, Pandemie und Nullzinsen führten zu massiven geldpolitischen Eingriffen. Die Staatsverschuldung explodierte, Inflation kehrte zurück. Gold erreichte im August 2020 ein neues Allzeithoch bei 2.067 US-Dollar (LBMA PM Fix).
Doch auch diesmal folgte eine Korrektur. Als die US-Notenbank 2022 die Zinsen stark anhob, kam es zu Abflüssen aus Gold-ETFs. Dennoch blieb die physische Nachfrage stabil – gestützt von Rekordkäufen asiatischer Zentralbanken. Die Marktpsychologie veränderte sich: Anleger hielten Gold nun als strategische Versicherung, nicht als kurzfristigen Spekulationswert.

Das Rekordhoch von 2025: Schulden, Zinsen und Misstrauen
Im Oktober 2025 erreichte der Goldpreis mit dem London LBMA PM Fixing von 4.294 US-Dollar /3.686 Euro je Unze ein neues Rekordhoch. Treiber waren eine Mischung aus geopolitischen Spannungen, schwachem Dollar und Rekordschulden der USA. Zentralbanken kauften weiter aggressiv, während institutionelle Anleger nach Absicherung suchten.
Zusätzlich kam es zu temporären Engpässen an den großen Handelsplätzen, da die starke asiatische Nachfrage physisches Material abzog und die Liquidität im Westen verringerte. Die von der US-Regierung verschärfte Zollpolitik führte zu weltweiten Umlenkungen von Goldströmen und verursachte zeitweise Friktionen am London Bullion Market und an der COMEX in New York. In diesem Umfeld beschleunigten spekulative Übertreibungen den Preisanstieg und ein Short-Squeeze an wichtigen Märkten lieferte weitere Kursanstöße.
Doch das Hoch führte direkt in eine Korrektur. Gewinnmitnahmen und algorithmische Verkäufe an den Futures-Märkten drückten die Notierungen zwischenzeitlich wieder unter 4.000 US-Dollar. Dabei blieb die physische Nachfrage stark – ein Hinweis, dass langfristige Käufer die Rücksetzer nutzten. Wie weit wird dieser bullische Goldzyklus noch laufen?
Parallelen der Goldzyklen – und was sie lehren
Ob 1980, 2011 oder 2025: Alle großen Goldzyklen folgten denselben Mechanismen.
- Geldflut und Inflation schaffen die Grundlage für steigende Preise.
- Zinswenden markieren den Wendepunkt.
- Spekulative Übertreibungen beschleunigen Auf- und Abschwünge.
- Zentralbanken agieren als taktische Spieler – früher Verkäufer, heute Käufer.
Auch die Psychologie wiederholt sich. Euphorie, Angst, Misstrauen – sie bestimmen das Timing. Hinzu kommen geldpolitische Marktinterventionen. Langfristig aber folgt Gold stets seiner Aufgabe: den Werterhalt über Währungszyklen hinweg zu sichern.
Die Rolle der Zentralbanken
Seit Mitte der 2000er-Jahre sind Notenbanken wieder Netto-Käufer. Ihr Einfluss ist massiv: In manchen Jahren entfällt über ein Drittel der weltweiten Goldnachfrage auf offizielle Institutionen. Länder wie China, Indien, Polen und die Türkei nutzen Gold als geopolitische Reserve. Zwar steuern Zentralbanken den Preis nicht direkt, doch ihre Käufe stabilisieren langfristig das Marktgefüge und prägen Erwartungen.
Lehren für Anleger
Die Geschichte zeigt: Gold ist ein Stabilitätsanker, kein Renditeinstrument. Es reagiert auf Schulden, Vertrauen und Zinsen – aber mit Zeitverzögerung. Wer Gold hält, braucht Geduld. Die erfolgreichsten Phasen begannen stets dort, wo Vertrauen in Politik und Währungen schwand. Und sie endeten dort, wo Zinsen real stiegen und Optimismus an die Börsen zurückkehrte.
Deshalb gilt: Gold ist keine Spekulation – es ist Versicherung. Und seine Geschichte von 1971 bis 2025 belegt: Diese Versicherung hat noch nie ihren Wert verloren.
Mehr dazu: Goldpreis und Inflation: Wie Gold seit Jahrzehnten Kaufkraft erhält

