Angeblich haben europäische Geschäftsbanken kurzfristig Gold geliehen, um an Dollar-Liquidität zu gelangen. Davon geht die britischen Großbank HSBC aus. Ein weiteres Kapitel schleierhafter Goldtransaktionen auf Zentralbankebene?
Der Goldpreis knickte am Donnerstag im Umfeld der EZB-Ratssitzung innerhalb weniger Minuten um fast 50 Dollar ein (Goldreporter berichtete).
Der britische Bankenriese HSBC macht Verleih-Geschäfte institutioneller Goldhändler für den plötzlichen Kurssturz verantwortlich. Institute hätten dringend US-Dollars benötigt, heißt es in einem aktuellen Report der Bank aus dem Kitco News zitiert.
Konkret würde dies bedeuten, Geschäftsbanken hätten sich Gold für einen geringen Zinssatz geliehen, um es sofort am Markt (gegen US-Dollar) zu verkaufen. In diesem Fall muss es jedoch einen großen Gold-Anbieter gegeben haben, der das Gold zur Verfügung gestellt hat. Wer sonst als eine Zentralbank könnte hier eingesprungen sein?
HSBC wird wie folgt zitiert:
„Der Goldpreisrückgang verlief so schnell und heftig, so dass einige Investoren spekulierten, dass Zentralbanken inklusive der Federal Reserve aktiv Gold verkauft haben. Anders als die meisten Zentralbanken, hat die Fed keinen Zugang zu den US-Goldreserven, die vom Finanzministerium gehalten werden. Sie können nur auf Anweisungen des Finanzministers verkauft werden. Wir glauben, es ist wahrscheinlicher, dass Goldverleihgeschäfte von europäischen Privatbanken als Zentralbankverkäufe interpretiert wurden. Das ist auch vereinbar mit den anhaltend negativen Gold-Leasing-Raten, die auf substanzielle Goldleihgeschäfte von Banken im Tausch gegen US-Dollar hinweisen.“
Die Gold Lease Rates sind laut HSBC mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit 1998 angelangt. Damals habe Südkorea auf dem Höhepunkt der Asienkrise seine Goldreserven mobilisiert. HSBC sieht noch kein Ende der kurzfristigen Goldverleihgeschäfte, solange die Liquiditätsprobleme europäischer Banken nicht gelöst seien. Das könne den Goldpreis weiter unter Druck bringen.
Erkenntnis: Mit der Bilanzierungspolitik der Zentralbanken ließe sich eine solche Aktion mühelos verschleiern. Die Goldbestände der Notenbanken werden in der Position „Gold und Goldforderungen“ ausgewiesen. Hat eine Zentralbank also bei einem solchen Verleihgeschäft mitgewirkt, dann ist dies nicht in ihrem Geschäftsbericht ersichtlich. Das Institut übernimmt aber sehr wohl das Risiko, dass das verliehene Gold – etwa aufgrund einer Pleite des Kontrahenten – unwiederbringlich verloren geht.
Der fallenden Goldpreis dürfte den Währungshütern so oder so ganz gelegen kommen. Schließlich sind steigende Edelmetallpreise für Banker und Regierungen immer ein ungeliebtes Warnzeichen an die Märkte.
Goldreporter
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