Die Kursentwicklung bei Silber ist nach wie vor atemberaubend. Einer der wichtigsten Gründe für den starken Kursanstieg wird aber selbst von der Finanzpresse vollständig ignoriert.
Der Silberpreis steigt und steigt. Seit Jahresbeginn hat der Kurs des Edelmetalls bereits wieder um 39 Prozent zugelegt, nachdem er 2010 schon um fast 100 Prozent in die Höhe geschossen ist. Viele fragen sich nun, wie lange das noch so weiter gehen kann. Der Begriff „Blase“ fällt in der Berichterstattung der Mainstream-Presse immer häufiger.
Wir möchten heute noch einmal auf einen Umstand hinweisen, der bei der Beurteilung der Silberpreis-Entwicklung in den Medien so gut wie keine Erwähnung findet, der aber von fundamentaler Bedeutung ist.
Die Preisentwicklung bei Gold und Silber – eigentlich bei allen Rohstoffen – wird seit einigen Jahren maßgeblich durch die Aktivitäten großer US-Banken am Warenterminmarkt mitbestimmt.
In diesem Zusammenhang verweisen wir noch einmal auf einen Goldreporter-Artikel von Anfang April: US-Banken verkaufen 24 Prozent mehr Gold auf Termin, sowie auf die von uns monatlich veröffentlichten Berichte über die Bankenbeteiligung am Terminhandel in New York. Die Information, auf die wir uns beziehen, ging in dem genannten Artikel zugegebener Maßen etwas unter.
Anfang Februar 2010, kurz bevor die US-Börsenausicht CFTC erstmals Manipulationsvorwürfen gegen das Bankhaus JP Morgan (JPM) Gehör schenkte – später folgte die Klage gegen JPM und HSBC – verkauften US-Banken (vor allem JPM) umgerechnet 5.815 Tonnen Silber auf Termin. Das ist eine gewaltige Menge. Sie entspricht mehr als einem Viertel der weltweiten, jährlichen Silberförderung.
Im Zuge der anhängigen Klage gegen JPM und HSBC reduzierten die US-Banken (eben vor allem JPM) sukzessive ihre Short-Positionen auf Silber. Denn JP Morgan geriet massiv in die Schusslinie, da die Manipulationsvorwürfe erstmals auch von der Finanzpresse aufgegriffen wurden.
Die Konsequenz: Anfang April 2011 hatten die US-Banken (allen voran JPM) um 47 Prozent geringere Silber-Terminverkäufe in ihren Büchern als im Februar 2010 (siehe Abb. unten). Und: Der Silberpreis stieg im gleichen Zeitraum von 16,78 Dollar auf 38,08 Dollar um satte 126 Prozent!
Interessanterweise erfolgte der erste bedeutende (öffentlich bekanntgemachte) Aufbau massiver Short-Positionen auf Silber seitens der US-Banken Anfang August 2008 (Namen werden in den CFTC-Reports nie genannt).
Im Juli 2008 waren US-Banken mit lediglich 6.199 Gold-Futures short. Per 05.08.2008 waren es plötzlich 33.805 Kontrakte! Das war einen Monat vor der Pleite von Lehman Bros. und etwa ein halbes Jahr nach der Übernahme der Investmentbank Bear Stearns durch JP Morgan. Bear Stearns war seinerzeit massiv in Vorwärtsverkäufe von Silber engagiert.
Hier besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Der Silberpreis konnte sich in den vergangenen Jahren nicht frei am Markt entfalten. Eben weil er durch die US-Banken (mutmaßlich) immer wieder über Termingeschäfte massiv gedrückt wurde. Denn die Short-Position musste über Monate hinweg immer wieder gerollt, also mit neuen Kontrakten verlängert werden. Dazu benötigt man regelmäßig möglichst niedrige Preise, um die Verluste in einem boomenden Markt gering zu halten. Warum wird immer wieder gerollt? Weil man die gigantische Silbermenge bei Kontrakt-Fälligkeit niemals tatsächlich liefern könnte.
Der bekannte US-Analyst Ted Butler schrieb Ende 2008:
„Zu der Zeit als Bear Stearns implodierte, notierte der Silberpreis zwischen 20 und 21 US-Dollar pro Feinunze. Ein Deckung der konzentrierten Short-Position dieser Größe am freien Markt hätte den Silberpreis auf ein Niveau von 50 oder 100 Dollar getrieben und die Langzeit-Manipulation aufgedeckt.“
Laut Butler habe es eine geheime Absprache mit dem US-Finanzministerium gegeben, diese Short-Position auf JP Morgan zu übertragen.
Silber hat sich auch gegenüber Gold zuletzt deutlich besser entwickelt. Das Gold-Silber-Ratio war in den vergangenen Jahren auf Werte von bis zu 60 angestiegen. Das heißt, für eine Unze Gold musste man lange Zeit 60 Unzen Silber auf den Tisch legen. Mittlerweile ist dieses Verhältnis auf 1:35 gesunken. Auf dem Höhepunkt der letzten Edelmetall-Hausse betrug der Wert 1:17. Für den Silberpreis gibt es also auch in dieser Hinsicht noch weiteres Aufholpotenzial.
Fazit: Der Preisdruck auf Silber ist durch die erzwungene Zurückhaltung der großen Terminmarkt-Player in den vergangenen 12 Monaten deutlich zurückgegangen. Auch wenn Preiseffekte über Termin-Kontrakte immer nur kurzfristig wirken, der Silberpreis kann sich derzeit weniger stark gebremst am Markt entwickeln, als noch vor einigen Jahren. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei Beurteilung der aktuellen Silberpreis-Entwicklung.
Goldreporter
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