Donnerstag,18.April 2024
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Steuerhammer für Silbermünzen: Die Folgen für Anleger und Händler

Silbermünzen, Steuer, BMF (Foto: Goldreporter)
Beim Kauf von Silbermünzen fallen in Deutschland nun 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Allerdings könnte auf dem Sekundärmarkt erneut die Differenzbesteuerung Anwendung finden (Foto: Goldreporter).

Das deutsche Finanzministerium hat eine jahrlange Besteuerungspraxis beim Verkauf von Silbermünzen gekippt. Das hat weitreichende Folgen für Silberanleger und Edelmetall-Händler. Goldreporter berichtet über den aktuellen Stand der Dinge.

Update (31.10.22) am Artikelende

Steuerschock für Silbermünzen

Der deutsche Edelmetall-Handel ist geschockt. Denn die Anfang Oktober bekanntgewordene Anordnung des Bundesfinanzministeriums (BMF) zur steuerlichen Behandlung von Silbermünzen hat weitreichende Konsequenzen für das Geschäft der Silberverkäufer – aber auch für deutsche Silberanleger.

Rückblick: Mit der Anhebung Mehrwertsteuer auf Anlagesilber auf den vollen Umsatzsteuersatz zum Januar 2014 gingen Händler in Deutschland zu einer in der Branche als rechtmäßig angesehene Besteuerungspraxis über. Die Branche wendete beim Verkauf von Silbermünzen, die aus dem EU-Ausland eingeführt und mit 7 Prozent Einfuhrsteuer belastet wurden, die Differenzbesteuerung an. Dadurch konnten solche Silberanlagemünzen (z.B. Maple Leaf, Känguru, Krügerrand) deutlich günstiger an Endkunden abgegeben werden, als wenn der volle Mehrwertsteuersatz berechnet worden wäre. Mit dem BMF-Schreiben an die Länderfinanzbehörden ist diese Praxis nun obsolet, weil für Silberanlagemünzen nun generell 19 Prozent Einfuhrsteuer anfallen, die dann auch beim Verkauf in Deutschland an den Kunden weitergegeben werden.

So reagiert der Edelmetall-Handel

Goldreporter hat Händler zu den bereits wahrnehmbaren und zu erwartenden Auswirkungen befragt. „Wie jeder in der Branche waren wir geschockt. Der Staat hat den Markt ein Stück weit kaputt gemacht“, so Andreas Heubach von Heubach Edelmetalle gegenüber der Redaktion.

„Diese plötzliche Aktion des BMF hat natürlich sowohl bei den Lieferanten als auch bei den Kunden sehr viel Unsicherheit ausgelöst“, sagt Markus Pieper, Geschäftsführer, der Ziemann Valor GmbH (My-Valor.de). Zu viele Fragen seien mit der Umstellung unbeantwortet blieben.

„Es ist nach wie vor unklar, ab wann die Regelungen des BMF-Schreibens anzuwenden sind, ob man aus der Nicht-EU importierte Ware differenzbesteuert weiterverkaufen darf, wie mit bereits vorhandenen Beständen umzugehen ist und so weiter“, erklärt Tim Schieferstein, Geschäftsführer der SOLIT Management GmbH (GoldSilberShop.de).

Steuerumstellung

Wie die meisten Kollegen, lässt der Händler nun eine Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent in die differenzbesteuerten Preise einfließen. Für neue Einfuhren werden 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer bezahlt. „Sobald es eindeutige Anweisungen gibt mit welchen Fristen beziehungsweise ab welchem Datum das BMF-Schreiben anzuwenden ist, werden wir uns langfristig ausrichten“, so Schieferstein. Er hoffe auf eine Übergangszeit gibt bis Jahresende, in der neben dem regelbesteuerten Verkauf auch der differenzbesteuerte Verkauf von mit 7 oder 19 Prozent eingeführten Silbermünzen möglich ist.

„Dies würde dem Ist-Zustand, der sich aus Beständen, die zu unterschiedlichen Einfuhrumsatzsteuersätzen eingeführt wurden, sowie der Tatsache, dass manche Händler die Einzeldifferenzbesteuerungsmethode, andere aber die Sammeldifferenzbesteuerungsmethode verwenden, am besten gerecht werden. Bei Letzterer ist ein Wechsel nur zum Ende eines Wirtschaftsjahrs möglich, daher bietet sich der 31.12. an“, so Schieferstein weiter.

Man setze sich gerade gemeinsam mit Branchenverbänden und einige Edelmetallhändlern intensiv für eine Klärung mit den entsprechenden Ministerien ein. „Realistisch gesehen wird dies aber noch sich in den November ziehen. Alle Marktteilnehmer haben einen primären Wunsch: Eine verbindliche und faire Leitlinie zur Umsetzung zu erhalten“.

Steuernachforderungen in Millionen-Höhe?

Zum Zeitpunkt unserer Recherche war noch unklar, ob der Fiskus sich womöglich zu wenig abgeführte Umsatzsteuer nachträglich von den Edelmetall-Händlern zurückholen will. Sollte dies tatsächlich für einen Zeitraum von gut acht Jahren passieren, dann könnten Unternehmen in Existenznöte geraten. Man stelle sich vor, für (geschätzte) mehrere 100 Tonnen Silber müssten nachträglich 12 Prozent Umsatzsteuer abgeführt werden. Alleine bei 100 Tonnen wären dies bei einem aktuellen Markpreis von rund 19 Euro pro Unze rund 7 Millionen Euro Steuerschuld. Ganz abgesehen von den Kosten und dem bürokratischen, die bei einer Ermittlung der Steuerschuld anfallen würden.

„Sollte diese Steueränderung auch rückwirkende Folgen haben, wären zahlreiche Händler, welche selbst importiert haben, über Nacht zahlungsunfähig“, sagt Dominik Kettner, Geschäftsführer des Versenders Kettner Edelmetalle. Bei den geringen Handelsspannen im Edelmetallmarkt gebe es kaum Spielraum, um 12 Prozent Steuernachzahlung bewältigen zu können. „Unser Unternehmen wäre hiervon nicht betroffen und wir sehen trotz des Angriffs auf unsere Branche einer positiven Zukunft entgegen – auch wenn es große Verwerfungen am Händlermarkt geben könnte“, so Kettner.

Die Gefahr von rückwirkenden Steuernachzahlungen hält Dominik Lochmann, Geschäftsführer von ESG Edelmetall Service, für gering. Denn bei der Einführung der Differenzbesteuerung auf Einfuhrmünzen außerhalb der EU seien zahlreiche Gutachten renommierter Steuerrechtsexperten erstellt worden. Andere Händler erklärten gegenüber Goldreporter, dass diese Praxis in den vergangenen Jahren von Wirtschaftsprüfern und Finanzbehörden nie bemängelt worden sei.

Schaden schon entstanden

Aber Kosten sind einigen Edelmetall-Händler jetzt schon entstanden. Dann nämlich, wenn noch Ware unter der früheren Praxis an Kunden verkauft wurde, man noch nicht ausgeliefert hat. So berichtet Henry Schwarz, Geschäftsführer der GfM GmbH (Anlagegold24): „Für uns war das ein sechsstelliger Verlust, da wir Silber-Bullionmünzen zwar differenzbesteuert verkauft haben, aber nicht mehr differenzbesteuert einführen konnten. Es wird hierzu mehrere Klagen geben, wie von Bankenverband und vom Berufsverband des deutschen Münzfachhandles, sowie einiger größerer Händler. Wir werden hier auch alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das notfalls gerichtlich klären zu lassen. Denn von einer Stornierung der Aufträge von Kunden die mit Differenzbesteuerung eingekauft haben, die wir haben mit voller Umsatzsteuer eingeführt haben, halten wir nichts. Bei uns wurde jeder Kunde beliefert.“

Weniger Silber abgesetzt

Aber schon jetzt ist die Silber-Nachfrage in Deutschland deutlich zurückgegangen. Vergangene Woche sprach Henry Schwarz von einem Minus von 20 Prozent. „Anfangs gingen wir von einen Nachfragerückgang von 50 Prozent aus, das ist zum Glück nicht eingetreten“.

„Durch die geänderte steuerliche Behandlung werden die beliebtesten Silbermünzen wie beispielsweise der Maple Leaf, der Krügerrand und die Britannia um rund 12 Prozent teurer. Das ist sicherlich nicht förderlich für den Absatz dieser Produkte in Deutschland“, sagt Benjamin Summa, Unternehmenssprecher von Pro Aurum.

„Für uns oder grundsätzlich alle Händler stellt sich die Frage, wie der wegbrechende Umsatz durch andere Produkte beziehungsweise spezielle Lösungen für Silber kompensiert werden kann“, so Markus Pieper. Als eine mögliche Lösung sieht er das Angebot zollfreier Produkte, wie etwa die Verwahrung von Silber in so genannten Zollfreilagern.

Händler optimistisch

Allerdings sind viele Händler optimistisch und hoffen auf eine Wiederbelebung der privaten Silbernachfrage. „Wir gehen jedoch davon aus, dass die Silbernachfrage stabil bleiben wird und sich auf die Silberbarren verlagert, weil man dort mehr Silber für das Geld bekommt“, so Summa.

„Ich erwarte aufgrund der steigenden Industrienachfrage und der immer drastischeren Krisenherde keinen Nachfrageeinbruch – im Gegenteil. Die derzeitige Kaufnachfrage im physischen Markt unterstreicht diese Erwartung. Wir sind sehr optimistisch, trotz der Änderung bei der Behandlung mit der Einfuhrumsatzsteuer eine krisensichere Geldanlage mit starkem Wertsteigerungspotential zu vertreiben“, sagt Dominik Kettner.

Auch ESG-Chef Dominik Lochmann glaubt, dass die höheren Aufschläge nicht zu großen Einbußen in der Gesamtnachfrage führen. „Käufer von Kleinmengen und jährlich wechselnden Motivmünzen wie Koala, Lunar, Ottifant, Kookaburra werden um 12 Prozent höherer Preise nicht abhalten, ihre Sammlung fortzusetzen. Käufer von Masterboxen und Münzbarren werden größtenteils zu normalen Silberbarren oder Gold wechseln. Wir selbst haben unsere Lagermengen bereits der veränderten Nachfrage angepasst.“

Silbermünzen, Silbermünzbarren, Cook Island (Foto: Goldreporter)
Silbermünzbarren gehörten jahrelang zu den günstigsten Silberprodukten und wurden speziell für den deutschen Markt produziert. Nun ist der Steuervorteil weggefallen. Damit ist das Ende dieser Barren besiegelt (Foto: Goldreporter).

Neue Silber-Favoriten

Wie werden sich die Veränderungen auf die Nachfrage und das Angebotsspektrum im Silbersortiment auswirken? Klar ist, dass reine Silberbarren ab einem Kilo aufgrund der geringeren Herstellungskosten und des niedrigeren Aufgelds an Bedeutung gewinnen werden. Außerdem geht Tim Schieferstein davon aus, dass die aufgrund des bisherigen Steuervorteils stark gefragten Silbermünzbarren ganz verschwinden werden. Bei Kettner Edelmetalle glaubt man, dass die klassischen Silbermünzen wie Maple Leaf und Krügerrand weiterhin gefragt sein werden und man rät auch zu kleinteiligen Silberprodukten (Combibarren, Unityboxen), die als Krisenschutzprodukte (Notgeld) verkauft werden. „Wir empfehlen unseren Kunden ältere Münzausgaben“, so Andreas Heubach. Denn die aktuellen Jahrgänge wiesen generell höhere Aufschläge auf.

Differenzbesteuerung für Silbermünzen auf dem Sekundärmarkt

Aber Händler sehen weiterhin besondere Chancen für Silbermünzen, die erneut mit der Differenzbesteuerung zusammenhängt. Denn die Anbieter geht davon aus, dass man diese weiter bei Ankäufen von Privatpersonen anwenden kann. „Somit ist es für uns als Händler attraktiv hohe Ankaufspreise zu bieten, um die Silbermünzen anschließend differenzbesteuert weiterzuverkaufen“, erklärt Tim Schieferstein. Und weiter: „Der Silbermünzenbesitzer würde so einen höheren Ankaufspreis erzielen, der Käufer würde diese Münzen etwas günstiger als mit 19 Prozent Mehrwertsteuer bekommen und wir als Händler würden ebenfalls eine attraktive Marge erzielen“.

Darüber hinaus könnte sich für Anleger tatsächlich noch stärker der Kauf und die Verwahrung von Silber in Zollfreilagern lohnen. Allerdings fällt hier die Mehrwertsteuer nachträglich an. Nämlich dann, wenn man sich das Metall eines Tages von den Dienstleistern ausliefern lässt.

Update, 31.10.2022

Silbermünzen-Besteuerung: Wohl keine Nachzahlungen für Händler
Eine „Nichtbeanstandungsregelung“ soll Händler vor Nachzahlungen im Zusammenhang mit der Neuregelung der Silbermünzen-Besteuerung schützen.

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9 Kommentare

  1. https://www.youtube.com/watch?v=nU-Tz4vh8uE
    Das war mir neu. David Morgan meint, Senat und Repräsentantenhaus haben ein Gesetz verabschiedet, demzufolge weitere Bail-outs unzulässig sind. Also wird den Banken nichts weiter übrigbleiben, als bei einer Schieflage die Kunden und Sparer (Bail-in) zu enteignen. Heißt also, als Amerikaner sollte man nur so viel auf dem Konto lassen, daß es 3-4 Monate langt, Miete, Strom etc. zu bezahlen.
    https://drive.google.com/file/d/1hhHkWjHz2RddREKElE5Zsr_JPZSH2saP/view
    In Deutschland haben wir ja schon lange das SAG. Will sagen, wer jetzt noch kein Edelmetall hat, der sollte endlich zugreifen, egal wieviel MwSt. der Fiskus draufpackt.

  2. Also mein kleiner Bruder arbeitet beim Landes-Finanzministerium, er ist dort als Dozent tätig für Betriebliche Steuerprüfungen und“ Kundenkontakt“. Zudem hält er noch, nebenberuflich, Seminare für Steuerberater ab. Er selbst hat mir dieses Jahr nochmals die Richtigkeit der Differnzbesteuerung bei Silber bestätigt! Diese Gesetzesänderung wird also wohl für die vorherigen Jahre bis 2022 Stichtag rechtlich belanglos bleiben!

      • @Diebartdie
        Alles andere wäre bei dieser Geldmengenausweitung und Inflation ein Unding.
        Da finde ich 30 Euro für physisches Silber sogar noch recht günstig.

      • diebartie
        Schon, aber die Münze bekommt auch mehr Wert dazu, wenn man sich nach dem Händler-Verkaufs-Preis richtet. Richtet man sich nach dem Ankaufspreis, sieht es schlechter aus als vorher.
        Nur, man sollte nicht verkaufen müssen und wenn, dann privat.
        Wenn ich Ihnen die 30 Euro Münze zu 28 EUR anbiete, haben wir beide eine WinWin Situation.
        Vorausgesetzt, der Silberpreis ist seit meinem Kauf gestiegen. ( ich habe bei 12 EUR, 16 EUR) einige gekauft. Leider auch welche bei 26 EUR.
        Aber, das ist wohl bei allem so. Der Gewinn liegt meist im Einkauf einer Ware.
        Übriges, weder Sie noch ich fragen nach der 1-Jahr Frist noch nach der Bargeld Grenze und ähnlichem.
        Natürlich, Garantie oder Gewährleistung gibts nicht.
        Sie prüfen die Münzen und ich die Echtheit der Scheine.
        Selbst bei einer Kontoüberweisung könnten Sie draufschreiben: Rückzahlung eines Privaten zinslosen Darlehens oder ähnliches.
        Da wäre etwas Phantasie gefragt: Wie wäre es mit einer verlorenen Wette ?
        Wettgewinne sind steuerfrei.

  3. Lasst die Regierungen der Welt aussen vor. Das Fiat-Waerhrungssythem ist am Ende… weltweit. Ich bin Agrargrossunternehmer… Inverstor in erneuerbare Energien… und Grossaufholzer im Nordosten Brasíliens… Ipê, Jatobá, Nozes do Para, Atuará, Piqui… Aber auch schnellwachsenden Eukalypus… und Oekoturismus… mit dem ersten FKK Strand in Tocantins…u.a.
    Meine Geschaeftspartner muessen mich schon seit mehreren Jahren bis zu 60% in Gold und Silber bezahlen.
    Gruss aus Brasilien

    • @Klaus Adalbert De Melanda
      https://de.wikipedia.org/wiki/Templerorden#Wirtschaftliche_Aktivitäten
      Was macht eine miese Saubande, wenn sie pleite ist? Jemanden ausplündern, wo richtig was zu holen ist, der Ressourcen hat, und bei dem man noch verschuldet ist. Paß gut auf Dich und die Deinen auf. Jemand der Bäume pflanzt, ist mir sympathisch. Hab noch einen „Cox Orange“ in der Veranda, der in den Garten muß. Gruß aus dem immer trockeneren Ostbrandenburg.

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