Dienstag,19.März 2024
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Basel 3 und Goldmarkt: Gut gemacht, oder nur gut gemeint?

Gold, Goldmarkt, basel 3Basel 3 und der Goldmarkt: Gut gemacht, oder nur gut gemeint?

Von Adrian Ash, Director of Research bei BullionVault

Es ist ein Erbe der globalen Finanzkrise des vorletzten Jahrzehnts – und soll dafür sorgen, dass eine ähnlich schwere Krise nicht noch einmal eintritt, indem es für mehr Stabilität an den globalen Märkten sorgt: Basel III hat in den vergangenen Jahren unser Finanzsystem grundlegend verändert. Und es verändert es weiter. Gerade ist ein weiterer Teil des Regulierungsrahmens in Kraft getreten. Die neuen Regelungen dürften insbesondere auf den Goldmarkt drastische Auswirkungen haben.

Basel III und Gold

Worum geht es? Seit dem 28. Juni 2021 gelten für Banken in der Europäischen Union neue Regeln zur Hinterlegung von Gold mit Eigenkapital. Alloziertes physisches Gold, das von der Bank gehalten, aber konkreten Eigentümern zugewiesen wird, gilt faktisch als risikoloses Asset.

Das wirkt auf den ersten Blick positiv. Doch es gibt auch eine Schattenseite für Banken – und zwar in Form der neuen Regeln für nicht alloziertes Gold. Das ist Gold, welches Kunden bei Banken hinterlegen, um im Gegenzug lediglich einen allgemeinen Anspruch auf die Lieferung der hinterlegten Menge des Edelmetalls zu haben – nicht aber auf die Lieferung eines konkreten Barrens, der ihnen gehört. Die Kunden sind dadurch rechtlich lediglich Gläubiger der Bank, ähnlich wie es bei Einlagen auf einem Tagesgeldkonto der Fall ist. Das Edelmetall steht in der Bilanz der Bank als Vermögenswert, für den sie eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden in gleicher Höhe hat.

Alloziertes Gold

Warum existiert alloziertes Gold? Es gibt zahllose Unternehmen, die von der Möglichkeit profitieren, nicht zugewiesenes Gold zu kaufen und sich den Preis zu sichern, bevor sie sich für die Zuweisung und Lieferung entscheiden. Unzählige weitere benötigen und profitieren von der Möglichkeit, Edelmetall zu leihen oder es als Sicherheit zu beleihen. Das kann etwa ein Minenbetreiber sein, der eine Finanzierung für die zukünftige Produktion sucht – oder auch ein Händler, der sein Preisrisiko für Barren absichern möchte, die er von einem Anbieter rein physischen Goldes gekauft hat.

Die neuen Regularien

Die neuen Regularien zielen nun darauf ab, dass Banken nicht alloziertes Gold zu 85 Prozent mit Kernkapital hinterlegen müssen – dies ist das sogenannte Required Stable Funding (RSF). Und dieses Kernkapital kostet Geld, weil die Banken es von ihren Kapitalgebern nicht kostenlos erhalten, sondern im Gegenzug für Renditeerwartungnen, die deutlich über denen von Krediten oder klassischen Anleihen liegen. Kurz gesagt: Nicht alloziertes Gold in der Bilanz zu halten, wird für Banken teuer. Dieser Effekt, ob wirklich gewollt oder nicht, wird Leihgeschäfte mit Gold und ähnliche Praktiken in ihrem Ausmaß begrenzen. Die Änderung kann jedoch auch drastisch sein – wenn man bedenkt, dass das RSF-Niveau vor der Einführung von Basel III bei null Prozent lag. Und dass irgendwer die zusätzlichen Kosten tragen muss.

Praktische Bedeutung

Was das in der Praxis bedeuten kann, wird am besten bei einem Blick darauf deutlich, für welche Geschäfte die Banken nicht alloziertes Gold nutzen. Dazu gehören die bereits erwähnten kurzfristigen Darlehensgeschäfte. Solche Darlehen werden zum Beispiel von Nichtbanken genutzt – etwa als Material für die Herstellung von Schmuck und anderen Gegenständen. Darüber hinaus ist es aber auch – insbesondere am weltweit wichtigsten Goldhandelsplatz in London – das wichtigste Mittel für das Clearing und Settlement von Transaktionen in physischem Gold zwischen Marktteilnehmern. Nicht alloziertes Gold ist somit eine entscheidende Quelle für Liquidität am Goldmarkt.

Ein Schwinden dieser Liquidität hätte Folgen für den gesamten Markt: Der Handel wird schwieriger und teurer – zum Beispiel durch steigende Spreads. Und die Volatilität des Goldpreises würde zunehmen. Aufgrund dieser Risiken hat die Goldindustrie, angeführt von der London Bullion Market Association (LBMA) und dem World Gold Council des Bergbausektors, Lobbyarbeit bei den Aufsichtsbehörden betrieben, damit diese Regeln überdacht werden. Und sie hat Gehör gefunden – bei der britischen Prudential Regulatory Authority (PRA, eine Abteilung der Bank of England). Diese hat das Argument akzeptiert, dass die 85 Prozent RSF auf Gold wahrscheinlich die Liquidität beeinträchtigen und die Volatilität erhöhen, anstatt das Gegenteil zu bewirken. Daher wird sie den britischen Bullion Banken erlauben, nicht zugewiesene Kundenkonten, die mit den physisch gehaltenen Edelmetallen „verflochten“ sind, in der Bilanz der Bank zu berücksichtigen.

Ausnahme für britische Banken

Der RSF von 85 Prozent muss folglich für diese Positionen nicht angewandt werden. Dies ist eine gute Nachricht – nicht nur für die Clearing-Banken, sondern auch für Anleger auf der ganzen Welt. Für Banken und Goldhändler auf dem europäischen Festland könnte dagegen ein noch größerer Wettbewerbsnachteil im Vergleich zum Handel in London entstehen.

Noch ist nicht absehbar, wie Händler, Banken und andere Institutionen in Deutschland längerfristig darauf reagieren. Möglicherweise könnten die Kosten für verschiedene in Deutschland erhältlich Goldsparpläne oder Goldkonten steigen, die oft mit nicht alloziertem Gold arbeiten. Oder – noch einen Schritt weitergedacht: Die Angebote könnten gar ganz vom Markt verschwinden. Denn sie werden im Vergleich zu alloziertem Gold kostspieliger für die Banken – und weniger attraktiv für die Kunden als alloziertes Gold, das sich im Besitz des Anlegers befindet und für das Lagerungsgebühren anfallen.

Folgen für Privatanleger

Privatanleger sollten daher noch genauer darauf schauen, wie die Spreads beim Kauf und Verkauf von Gold aussehen. Und sie sollten verstärkt darauf achten, wo sie ihr Geld reininvestieren und welche Gebühren beim Goldkauf für die Verwahrung entstehen. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass nicht alloziertes Gold eine Schuldverschreibung sowohl für Banken als auch Anleger ist. Nur alloziertes Gold ist echtes physisches Gold.

Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen im Rahmen von Gastbeiträgen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung von Goldreporter dar.

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4 Kommentare

  1. Alloziertes Gold ist zwar physisches Gold ( das andere, nicht allozierte kann man such betrügerisches Gold nennen), aber auch ersteres, das echte, ist keineswegs sicheres Gold.
    In einer allgemeinen Krise, einer persönlichen Krise oder gar bei einem Goldverbot etwa, ist auch dieses Gold futsch.
    Was nützt Ihnen alloziertes Gold, wenn etwa der Gerichtsvollzieher oder die Steuerfahndung vor der Tür steht.
    Da sollte man schon besser ein gutes Versteck für die eigenen Barren und Geldbündel ( Valuten) haben und niemanden davon in Kenntnis setzen.

    • @Toto

      Völlig richtig, nur jenes physische Gold das sich in meinem Besitz befindet, auf das ich jederzeit Zugriff habe
      ohne mich an Dritte wenden zu müssen, ist real. Auch alloziertes Gold ist lediglich ein Rechtsanspruch der entfällt, wenn der Schuldner zur Lieferung nicht mehr befähigt ist. In diesem Fall nutzen dann auch vollstreckbaren Titulierungen nichts mehr. Den Privatanleger dürfte dann auch alloziertes Gold am Gesäß vorbei gehen.

      Basel III, so steht es in dem Artikel soll eine Krise wie 2008 verhindern, lächerlich. Dieser Anspruch gleicht dem Anspruch Helmut Schmidts wonach Ihm 5% Inflation lieber wären als 5% Arbeitslosigkeit und Reiner Barzel prophezeite, Sie werden Beides bekommen Herr Bundeskanzler. Der nächste BIG BANG liegt längst in der Luft und auch BASEL III wird Makkulatur.

      Im Übrigen haben zahllose Bundesstaaten der USA die Corona-Zwangsmaßnahmen vollständig und ersatzlos gestrichen. Offenbar weil der erhoffte Nutzen in keiner vernünftigen Relation zu den Schäden steht, die diese Maßnahmen zur Folge haben.

      https://reitschuster.de/post/feiern-statt-lockdown-und-geringe-fallzahlen-der-texanische-weg/

      Amerika Du hast es besser ( Goethe )

  2. Reverse Repo-Markt:

    Es ist offiziell: Um genau 13.15 Uhr meldete die New Yorker Fed heute,
    dass zum ersten Mal überhaupt 86 Geschäftspartner über $1 Billion
    Dollar
    an Reserven bei der Reverse-Repo-Fazilität der Fed geparkt
    haben, um sie über Nacht „sicher zu verwahren“ und eine nette, fette
    Rendite von 0,05 % zu kassieren – was Hunderten von Millionen an
    absolut kostenlosem Geld entspricht, da es sich dabei um Reserven
    handelt, die die Fed zuvor – kostenlos – an Banken ausgegeben hat,
    die sie dann umgedreht und direkt an die Fed zurückgegeben haben,
    wo sie einen kleinen, aber nominalen Zins kassierte.“

    (>‿◠)✌

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